Noch bevor wir überhaupt bestellt oder uns einen Platz gesucht haben, werden wir ohne Vorwarnung mit einer vollen Ladung von Angelas Herzlichkeit überschüttet. Die temperamentvolle Besitzerin ist ein großer Fan der beiden Länder Italien und Argentinien. Das Café Los Angelitos ist tatsächlich ihr Plan B. Eigentlich wollte die 57-Jährige dauerhaft in Argentinien bleiben, doch die schlechte Wirtschaftslage im Land ließ es nicht zu. Stattdessen kam die ehemalige Sozialarbeiterin zurück, eröffnete hier in Kreuzberg vor sechs Wochen ein Café ganz nach ihrem Geschmack und bringt einen bunten Klecks südamerikanischer Lebensfreude in den Kreuzberger Kiez. Bunte Tücher, fluffige Polster, gemütliche Ecken und Fensterbänke zum Lümmeln locken den Café-Besucher magisch an und wollen einen nicht so recht wieder ausspucken. Schwarz-Weiß-Fotografien des kolumbianischen Künstlers Guastavo Velez, sowie ein großes Wandgemälde im Hauptraum mit zwei pausbäckigen, argentinischen Kindern in traditioneller Tracht, sorgen für das passende Ambiente.
In diesem Café bekommst du Fernweh
Von diesem Gemälde stammt übrigens auch der Name des Cafés: Los Angelitos heißt das Gemälde, das Angela in Chile in einer Kneipe entdeckt hatte und ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. Als der Beschluss stand, ein eigenes Café zu eröffnen, musste sie das wunderschöne Kunstwerk einfach bei sich im Laden haben. Sie machte sich auf die Suche nach dem Künstler – ein Universitätsprofessor, der für seine ehrenamtliche Jugendarbeit auch Bilder malt – und fragte ihn, ob er ihr Angelitos für ihr Café malen würde. Angelas Bedenken wegen der Kosten für dieses Kunstwerk erwiesen sich als überflüssig, der Künstler schenkte ihr sein Bild spontan mit den Worten: „Damit dein Traum vom eigenen Café in Erfüllung geht.“ Ein gutes Omen? Zumindest half diese freundliche Geste Angela in den harten Monaten, als sie ihr Café mit wenig Geld und dafür umso mehr Energie umbaute. Der Professor will übrigens nun auch demnächst aus Argentinien zu Besuch nach Berlin kommen – vielleicht zu einem der schönen Konzerte oder Vernissagen, die hier regelmäßig stattfinden.
„Das Café ist mein Traum, ich bin hier so glücklich. Es ist eine Art Wundertüte“, erzählt Angela mit strahlenden Augen. Zu dieser Wundertüte gehört eben auch, dass plötzlich die Sicherung rausfliegt, ein richtiges Lager fehlt, weil der Keller zu nass ist, und die Kühlbox auf einmal kaputtgeht. Deswegen gibt es derzeit noch keinen Kuchen und Salate, wie Angela das eigentlich geplant hatte. Die lebensfrohe Powerfrau nimmt es mit Humor. Schließlich kennt sie als langjährige Betreiberin eines italienischen Kinderschuhladens die Tücken und Herausforderungen des Unternehmertums. Dafür gibt es im Los Angelitos schon Fairtrade Kaffee, köstliche, gefüllte Croissants aus Italien sowie typisch südamerikanische Gerichte wie Empanadas (3 Euro), also gefüllte Teigtaschen, mit spanischer Chorizo-Wurst oder Thunfisch. Auch leckere vegetarische Optionen für das Berliner Publikum finden sich darunter – von der würzig-süßen Empanada mit Ziegenkäse, karamellisierter Zwiebel, Tomatenpesto, Mozarella und Walnüssen könnten wir glatt süchtig werden. Auch Piadine, ein italienisches Fladenbrot mit Füllung bietet das Café an sowie ein kleines italienisches oder argentinisches Frühstück. Und während das Radio auf Spanisch im Hintergrund dudelt, die Kaffeemaschine brummt, Menschen lachen und Angela enthusiastisch über ihr Projekt redet, schleicht sich da wirklich ein engelsgleiches Glücksgefühl ein.