Die Eigenbezeichnung „Kultur- und Kaffeestätte“ ist vielsagend, trifft es aber nicht annähernd: Beim Feinen Pinkel gibt es nämlich auch viel zu sehen und gutes Essen zu genießen. Genau so vielschichtig wie das Wortspiel „Feiner Pinkel“ für das kleine Ecklokal in einem pinken Haus an der Burgsdorf-/Willdenowstraße ist auch der Geschmack des Betreibers Florian Günzel.
Etwas Abseitiges im Wedding
Der 48-Jährige ist eigentlich Anwalt und hat sich mit seinem (inzwischen zweiten) Café im April 2018 den Traum erfüllt, etwas Abseitiges und Einmaliges zu erschaffen. Alles in diesem reich dekorierten und voller Details steckenden Raum hat einen politischen oder gesellschaftlichen Bezug. „Jeden Monat entsteht eine neue Collage mit einer aktuellen Message“, erklärt der gebürtige Augsburger, der im Feinen Pinkel alles allein stemmt. Die Sammlung der Collagen ist an einem kleinen Fenster zu bewundern. Auch die Ausstellungen, die im Lokal einen Platz finden, greifen relevante Themen auf. Die Fotos an den Wänden sind sorgsam und klug ausgewählt, ebenso wie die vielen Möbelstücke und Vasen.
Besonders wichtig – neben der Nutzung als Raum für Kunst und kulturelle Events – ist Florian auch das feine Essen. Jede Woche wechselt die ausgeklügelte Karte, es gibt immer einen Mittagstisch, darunter Pasta, ein Curry und andere vegetarische Gerichte – und fast alles ist in Bio-Qualität, oft stammt es aus der Region. „Immer baue ich ein saisonales Element ein“, erklärt der Betreiber. Natürlich kann man aber auch einfach einen guten Kaffee trinken und ein Stück Kuchen genießen. Und es gibt natürlich ausgewählte Weine und Bier.
Der Schick der Siebziger
Die Inneneinrichtung verdient besondere Erwähnung. Sie ist auf ungewöhnliche Art retro. Sie kommt aber ohne die allgegenwärtige Vintage-Ausstattung vieler anderer Cafés aus. Es gibt unzählige Details wie eine Sammlung türkisfarbener Vasen, einen Tisch mit vier Stühlen über (!) dem Eingang oder riesige Glaslampenschirme in Form von Blütenkelchen. Auch das grüne Ledersofa bringt die schicke Seite, die die 70er durchaus haben konnten, zur Geltung. Das Erlebnis eines Gesamtkunstwerks hat Florian mit viel Mühe aus dem Friseursalon, der früher an diesem Ort war, mit Hilfe eines befreundeten Architekten herausgeholt.
Da Florian den Feinen Pinkel ganz allein betreibt und seiner Linie möglichst treu bleiben möchte, ist das Galerielokal nur an wenigen Tagen geöffnet. Diese unscheinbare, dennoch schöne und ruhige Straßenecke des Wedding lohnt einen Besuch, an einem schönen Tag kann man auch hervorragend unter der grün-weißen Markise an den Außentischen sitzen und Straßenatmosphäre schnuppern. Und sich über eine Entdeckung freuen, die man hier gar nicht vermutet hätte.
Dieser Artikel wurde uns zur Verfügung gestellt von www.weddingweiser.de.