Wenn du feine Küche auch ohne Fleisch genießen möchtest, bist du hier genau richtig: Im Aufwind, mitten im Trubel Charlottenburgs um die Wilmersdorfer Straße herum, sorgen der „Appetizentriker“ und geschäftsführende Küchenchef Wenzel Büchold und sein Geschäftspartner Vedad Hadziabdic für eine abgerundete Fine Dining-Erfahrung. Bei unserem Besuch fällt uns immer wieder die Liebe zum Detail auf. Es fängt mit der Einrichtung an: Ob auf der Terrasse unter einer Markise zur Straße hin, dem privaten Plätzchen im Innenhof, an der Bar auf dem Rattansessel oder auf den in Rosé gehaltenen gepolsterten Stühlen, den kleinen Hockern für die Handtaschen der Damen und Herren oder den unterschiedlichen Wassergläsern für stilles oder kohlensäurehaltiges Wasser – auch bei einem zweiten und dritten Blick passt alles. Das Restaurant wirkt freundlich und groß, was durch die optische Illusion der Stirnwand mit einem riesigen Bild eines gotisch anmutenden Kirchenraums mit großem Flügel unterstrichen wird. Die Adresse Windscheidstraße 31 werden Kenner noch mit Kochlegende Karl Wannemacher in Verbindung bringen, der hier 36 Jahre lang im Alt Luxemburg begeistert hat. Davon ist nun nichts mehr zu spüren. Büchold und Hadziabdic haben das Restaurant in die Moderne geholt, in der ihnen Kiet Phung als Küchenchef, Danijel Kresovic als Culinary Advisor und Peter Izarik (früher bei Cell) als Restaurantleiter zur Seite stehen.
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Doch was ist überhaupt ein „Appetizentriker“? Dieses Fantasiewort hat Vedad Hadziabdic für Wenzel Büchold kreiert, denn dieser kocht vom Appetit her, verlässt sich also ganz auf seine Intuition. Das klingt spannend. Ein Blick auf die Karte verrät, dass diese Erfahrung eine Variation an Geschmäckern bereit hält. Gleich zu Beginn dürfen wir uns an Brot von Blomeyer mit selbstgemachtem Dip auf Hafermilchbasis mit Koriander erfreuen. Vom Chef höchstpersönlich angepriesen, überzeugt der erste Gang aus einem geräucherten Wels mit Blumenkohl-Pistazien-Püree, Gurken-Dill-Tartar, Croutons und Röstzwiebeln (16 Euro) sofort. Das anschließende Thunfisch-Gyros mit schwarzem Couscous, Keniabohne und Berberitze (17 Euro) führt die kunstvolle Zubereitung Bücholds fort. Dazu schenkt Vedad Hadziabdic, der als Connaisseur für die Weine im Aufwind zuständig ist, einen Pecorino Colline Pescaresi DOC von Marramiero von 2018 ein (0,15L 9,50 Euro, 0,75L 39 Euro).
Mein persönliches Highlight ist tatsächlich die Selleriesuppe (11 Euro). Der Geschmack vom Sellerie, Granny Smith Apfel und dem Petersilienöl ist die perfekte Mischung aus Würze und Säure. Dazu gibt es einen selbstgemachten Brioche und einen besonderen Wein, einen Grauburgunder (0,15L 8,30 Euro, 0,75L 38 Euro) namens Aufwind. Das Weingut Hensel aus der Pfalz führt nämlich eine Kategorie an gleichnamigen Premiumweinen – wie passend. Darauf folgt ein Zanderfilet auf Erbsenpüree mit wildem Brokkoli, Zuckerschoten, Kimchimousse und Dashi-Meerrettich (33 Euro).
Dieser Birnensekt, der zum Nachgang serviert wurde, geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Sicher, man muss Birnensekt mögen, aber alleine die Farbe zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Authentique von Poiré heißt das leckere Tröpfchen. Ein Glück, dass du bald Weine und gewisse selbstgemachte Feinkost, die im Haus angeboten werden, auch direkt dort erwerben und mit nach Hause nehmen kannst. Bei allen Speisen wird auf regionale, mindestens aber nationale Produkte zur Gestaltung der Kreationen gesetzt und auf Zusatzstoffe oder Chemikalien verzichtet. Das geht vor allem dann, wenn man alles selbst macht. Saucen, Fonds, Kräutermischungen, Butter – all dies soll auch auf der Liste zum Erwerben stehen. Zum Abschluss kosten wir vom Milchreis mit einer Nashi Birne, Kirschblüten und Himbeere und einem selbstgemachten Macaron mit Eis.
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Das Aufwind kann aber nicht nur Essen, sondern es kann auch richtig gute Drinks. Wenn du dich an die stylishe in Rosa-Gold-Tönen gehaltene Bar setzt, wird dich der Barchef Henry mit wilden Kreationen begeistern. Das Spannende daran: Henry verlässt sich dabei komplett auf seinen Geruchssinn, denn er selber trinkt keinen Alkohol. Doch mit viel Erfahrung kann er die Balance von Säure, Süße und Alkohol im Drink nur durch seinen Geruchssinn erspüren. Na, wenn das nicht genial ist…