Der erste Blick auf die sieben Meter hohe und 29 Meter breite Installation von der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota (44) lässt einen mit großen, staunenden Augen zurück. Wie von Zauberhand sind die roten Fäden quer im Blain Southern aufgespannt. Je näher man rangeht, desto mehr zeichnen sich geometrische Formen ab. Was erst wie ein wildes, rotes Farbenmeer aussieht, erscheint plötzlich strukturiert und so gewollt.
Je weiter man sich vorwagt, desto mehr sieht man, wie komplex und mehrschichtig, die Fadenkonstruktion tatsächlich ist. Das tobende Berlin vor der Tür wird schnell vergessen, denn wie der Name der Ausstellung Uncertain Journey schon sagt, ist man auf einer Reise. Passend dazu sind auch Bootsgerüste Teil des Kunstwerks. Ob nun zu einem anderen Kontinent oder ins eigene Unterbewusstsein, das ist der Vorstellung jedes Besuchers überlassen. Sicher ist nur, dass die Installation vielschichtig, unerwartet und faszinierend ist.
Die Ausstellung erinnert an das Universum
Die Künstlerin selbst sagt in einem Interview mit Blain Southern, dass viele Besucher bei der Installation das Gefühl hätten, eine Reise ins Weltall anzutreten. Tatsächlich spannen sich die Fäden über den Köpfen der Menschen wie der Himmel. Geht man in den zweiten Stock, zeigt sich erneut deutlich, warum Shiota sich erst den Raum ansieht, bevor sie sich an Ideen und die Ausführung ihrer Kunstobjekte macht. Schließlich könnte das Blain Southern auch das Berghain bei Tag sein, durch den typischen Berliner Industrie-Look. Im zweiten Stock zeigt sich den Besuchern die riesige Raumhöhe in voller Pracht sowie breite Geländer und ein Steg zu den anderen Räumen, was diesen robusten und urbanen Flair unterstreicht.
Dort oben angekommen findet man auch andere Exponate wie State of Being. Hier hat Shiota viele alte Schlüssel in ihre Fadenwelt mit aufgenommen, die fast im freien Fall zu sein scheinen, aber von den Fäden aufgefangen werden.
Chiharu Shiota arbeitet und lebt seit 1996 in Berlin. Sie durchlief eine klassische Ausbildung als Malerin, fühlte sich aber zu sehr durch die Leinwand eingeschränkt. Das Ergebnis dieser Entscheidung sind beeindruckende Kunstwerke. Wer sich die Ausstellung anschauen möchte, sollte sich beeilen. Denn nach dem 12. November hat die Künstlerin vor, das Kunstwerk zu zerschneiden. So verbleiben die Eindrücke nur in den Köpfen der Besucher, die tatsächlich da waren.
Die Ausstellung hat Dienstag bis Samstag von 11 bis 18 Uhr geöffnet und ist kostenlos. Mehr Infos gibt es auf der Webseite des Blain Southern.