Im Gespräch mit der bekannten Choreografin

Constanza Macras: Der Underground ist tot

Selfie by Constanza Macras.
Selfie by Constanza Macras.
Vor über zehn Jahren gründete die international gefragte Choreografin in Berlin ihre Tanzkompanie Dorkypark. Wir haben mit der diskursfreudigen Künstlerin, die sich in ihren Inszenierungen unter anderem mit den Themen Stadtraum, Natur, kulturelle Identität und Geschlechterrollen auseinandersetzt, über ihre Wahlheimat und die Berliner Tanzszene gesprochen.

Wir treffen Constanza Macras im Studio 44, dem rund 400 Quadratmeter großen Studio des Ensembles Dorkypark. Beheimatet ist der Proberaum in einem von außen recht heruntergekommen wirkenden Plattenbau unweit des Alexanderplatzes. Und ein wenig fühlt man sich beim Durchschreiten der hallenden Gänge an ein Berlin erinnert, in dem unzählige Underground-Locations viel Raum für Kreativität und Experiment ließen. Constanza Macras, die in den 90er Jahren nach Berlin kam, räumt mit diesem Eindruck jedoch schnell auf.

„Der Berliner Underground ist tot“, bedauert die ausgebildete Tänzerin. „1994 hat mich Berlin noch stark an Buenos Aires erinnert. Ich war einfach begeistert von dieser Stadt, die so jung war und so lebendig. Heute ist die freie Szene schwer verletzt. Die ‚Großen‘ haben sich etabliert und für die experimentellen ‚Kleinen‘ gibt es nur noch wenig Freiräume.“

Das Geld besser verteilen

Die staatliche Kulturförderung verstärke diese Tendenz noch. „Das Geld sollte viel besser verteilt werden. Gerade die kleinen Ensembles, die wie wir auch im Ausland unterwegs sind, bringen der Stadt viel Aufmerksamkeit und Geld. Dafür bekommen wir aber kaum etwas zurück“, so Macras. Sie wünscht sich, dass die Szene sich besser organisiert und es wieder mehr um die eigentliche Arbeit gehe und „weniger darum, Geld zu organisieren und Politikern die Hände zu schütteln“. Der Dachverband Tanz Deutschland (eine Institution zur Förderung des künstlerischen Tanzes, sowohl im institutionellen Bereich als auch in der freien Szene, Anm. d. Red.) leiste in dieser Hinsicht eine wichtige Arbeit, doch „der Dialog muss fortgeführt werden“, unterstreicht die Choreografin.

Für das feste Studio ihres Ensembles ist die Dorkypark-Gründerin dankbar: „Wir proben seit 2010 hier in der Klosterstraße. Die Location ist einfach super und ich freue mich, dass wir durch sie von den großen Häusern unabhängig arbeiten können. Wir sind eben noch immer ‚unprotected‘ und erhalten uns eine größere Freiheit als wenn wir von einem Theater zum nächsten ziehen müssten“, sagt Macras, zu deren Ensemble professionelle Tänzer aber vereinzelt auch Laien zwischen vier und 72 Jahren gehören. Viel Aufmerksamkeit erregte die 1970 in Buenos Aires geborene Künstlerin unter anderem mit ihrem Stück „Hell on earth“, in dem Neuköllner Migrantenkinder mitwirkten, oder „Forest: The Nature of Crisis“, das unter anderem im Wald am Müggelsee inszeniert wurde.

Eine Stadt für die Familie

Obwohl es die Szene in Berlin nicht leicht hat, würde Macras vor allem aus privaten Gründen nicht aus der Stadt wegziehen. „Ich habe einen kleinen Sohn und gerade mit Kindern ist Berlin eine schöne Stadt, denn es gibt viel Platz, viel Grün, viele Spielplätze und Kindercafés und das Leben ist nicht so teuer wie in anderen Städten“, schwärmt die Kreuzbergerin. Kritisch merkt sie lediglich an, dass zwischen den Kindern häufig ein recht rauer Umgangston herrsche. „Da wird zum Teil schon in der Kita wild herumgespuckt“, wundert sie sich.

Zu den liebsten kulturellen Adressen von Constanza Macras, die eigentlich „lieber den Menschen als den Orten“ folgt, gehören der Hamburger Bahnhof, das Haus der Kulturen der Welt oder der Ding Dong Dom, das „Theater der Zukunft“ in der Holzmarktstraße. Dort gäbe es noch etwas vom „spirit of Berlin in the old times“, so die Künstlerin, die im Laufe unseres Interviews immer wieder zwischen deutscher und englischer Sprache wechselt.

Einen Kaffee gönnt sich die Choreografin dagegen gern in der Espressobar Baretto in der Wrangelstraße und zum Essen kann man sie häufiger im japanischen Restaurant Omoni im Prenzlauer Berg oder dem Ristorante Francucci’s in der City West antreffen. Das Tretboot fahren im Plänterwald ist Constanza Macras besonderer Tipp wenn es darum geht, „einfach mal abzuschalten“.

Constanza Macras: Der Underground ist tot, Klosterstr. 44, 10179 Berlin

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