Schwarze Bomberjacke und Dr. Martens, dazu eine Kette an der dunklen Jeans und jede Menge Tätowierungen. So hatte ich mir einen Fußballprofi irgendwie nicht vorgestellt. Nachts in einer dunklen Seitenstraße würde ich vielleicht sogar die Gehwegseite wechseln. Doch das freundliche Lächeln und der sympathische Wiener Dialekt, mit dem Christopher Trimmel mich vor seiner Haustür in Mitte begrüßt, zeigen schnell: Harte Schale, weicher Kern.
Wer das Klischee vom PlayStation spielenden, leicht realitätsfernen Fußballspieler bestätigt haben möchte, ist beim 29-jährigen Verteidiger des 1. FC Union Berlin ebenfalls an der falschen Adresse. „Ich bin nicht so der Fußballfreak“, sagt der Österreicher über sich selbst. Außerdem gehe auch er als Profispieler mal mit „einer Fresse“ auf die Arbeit.
Wie aber landet man dann als Zweitligaspieler in der deutschen Hauptstadt? Eher durch Zufall. „Ich bin ja voll das Landei“, gesteht der Sportler im Hinblick auf seine Kindheit im 3000-Seelen-Nest Oberpullendorf. Erst das Studium zieht ihn in die Großstadt nach Wien. Zuerst habe er Bauingenieurwesen studieren wollen, nach dem Zivildienst sei ihm dann aber eine bessere Idee gekommen: „Warum nicht Sport- und Zeichenlehrer werden?“. Um sich für das Studium etwas dazuzuverdienen, kickt Christopher als Stürmer irgendwo im Burgenland in der vierter Liga Österreichs. Als er schon 21 ist, kommt ein Angebot der zweiten Mannschaft von Rapid Wien, wo man schnell sein Defensivtalent entdeckt. Dann sei alles ganz schnell gegangen: „Innerhalb von einem Jahr war ich auf einmal Profi.“ Auch die Anfrage, die er 2014 aus Berlin erhält, passt Christopher und seiner Freundin sofort. „Die Stadt lebt extrem. Gegen Berlin ist Wien ein kleines Dorf“, findet er.
„Jeder Tisch, jeder Stuhl ist anders, das finde ich cool.“
Genau dort leben Christopher und seine Freundin. Und Sie fühlen sich wohl in ihrem Kiez. Vom Stammfriseur Shift bis zum Lieblingsbäcker Zeit für Brot haben sie alles, was sie brauchen. „Hier in Mitte gibt es so viele Sachen“, schwärmt er. Im Belushi’s in der Rosa-Luxemburg-Straße beobachtet Christopher zum Beispiel gerne lustige Touristengruppen und in der Volksbar nebenan schaut er manchmal mit anderen Spielern Fußball. „In der Mannschaft haben wir auch einen Stammtisch gegründet“, erzählt er. Die Idee dazu hat er aus Wien mitgebracht. Was ihm an den Bars in Berlin am besten gefällt? „Jeder Tisch, jeder Stuhl ist anders, das finde ich cool.“
Für sich entdeckt hat der Österreicher auch eine Berliner Institution: „Ich gehe immer zum Späti und hole mir meine Flasche Tegernseer. Das ist schon bequem.“ Wie es sonst mit der Ernährung bei einem Profisportler wie Christopher aussieht? „Darauf habe ich nie ganz streng geachtet“, gibt er offen zu. Ein Besuch im Kaffeemitte mit seiner Freundin ist also öfter mal drin. Dort empfiehlt er besonders den veganen Schokokuchen. Ansonsten könne man auch Im Soho House gut Kaffee trinken, findet er. Von dort sollen übrigens auch die Blumen für die geplante Hochzeit mit Arnela kommen.
Für ein Mittag- oder Abendessen in der Nähe gehen die beiden Wahlberliner gerne zum Mexikaner Dolores oder zum Asiaten Prince. Die beste Pizza hat Christopher allerdings im Zola in Kreuzberg gefunden. „Da müsst ihr hin, mehr sage ich nicht“, verrät er.
Hobby-Tätowierer und Immobilienmogul
Bei einem Zwischenstopp in Sauers Café, gleich um die Ecke von Christophers Wohnung, kommen wir auf eine weitere, unübersehbare Leidenschaft von ihm zu sprechen: Tattoos. 135 Stunden reines Tätowieren trägt der Unioner bereits am Körper. Sein erstes Tattoo war ein Tribal. Eine Jugendsünde, die er bereut? Nein. „Irgendwie erinnert dich das erste Tattoo auch an eine meistens geile Zeit“, findet er. Ein Freund von Standardmotiven ist er trotzdem nicht: „Fast jeder hat irgendwo einen Totenkopf. Ich habe zu meinem Kumpel gesagt: Mach mir irgendwas anderes.“
Christopher nimmt sogar selbst die Tätowiermaschine in die Hand. „Ich werde in Zukunft noch ein paar Spieler tätowieren“, verspricht er. Er könne sich auch vorstellen, nach der Karriere als Tätowierer zu arbeiten. Vielleicht wird Zeichenen also nicht nur sein privates Hobby bleiben. Bis dahin beschäftigt er sich nebenberuflich aber lieber in der Immobilienbranche. In Wien besitzt der Sportler einige Häuser und Wohnungen. Sein Motto: „Bei meinen Immobilien mache ich alles selber. Ich schreib sogar den Mietvertrag.“
Hardcore-Konzerte statt Elektobeats im Club
Zwischen Soho House und Volksbühne unterhalten wir uns darüber, wie Christopher seine Freizeit verbringt. Ein Club-Typ sei er eigentlich nicht, verrät er, als Punkrock- und Hardcore-Fan gehe er lieber auf Konzerte. Sören Brandy habe er zum Beispiel mal zu Slipknot mitgeschleppt. Der habe dann mit seiner knallorangenen Jacke komplett den schwarzen Dresscode gesprengt. „Man, wurden wir angeguckt“, lacht er.
Später am Abend kann man Christopher dann zum Beispiel in der Kitty Cheng Bar oder im Schmittz finden, wo er schon um 4:00 Uhr morgens Tischtennis gespielt hat. Meistens ist er mit seinen Freunden allerdings woanders: „Das Haus am See hat immer offen. Am Ende landen wir immer am Rosenthaler.“ Was man da noch an Berlin verändern oder verbessern könnte? Darauf hat auch der Neuberliner keine Antwort: „Was willst du ändern, Berlin ist cool genug.“ Einfach ein guter Mann, dieser Christopher Trimmel.