Nachdem im Januar im Clärchens Ballhaus erstmal die Lichter ausgegangen sind, freuen wir uns, dass die Institution auf der Auguststraße zurück ist – und zwar mit neuem Betreiber, aber altem Charme. Ganz neu ist dagegen die Speisekarte mit Schwerpunkt auf Berliner Klassikern und Flammkuchen. Die legendären Tanzabende müssen coronabedingt noch eine Weile warten.
Umbaupause von einem halben Jahr
Nach dem Eigentümerwechsel vorletztes Jahr kündigte der neue Besitzer, Fotograf Yoram Roth, sowohl den Mietvertrag als auch den Mitarbeitern. Die umfassende Sanierung sei aber dringend nötig gewesen. Ab jetzt wird es wieder Tanzbetrieb und Feierei in einem der ältesten Ballhäuser Berlins geben. „Ich habe das Areal gekauft mit dem klaren Ziel, Clärchens Ballhaus zu beschützen. Es ist auch für mich ein wichtiger Ort. Auch der Kiez liegt mir am Herzen. Meine Mutter ist in der Linienstrasse geboren, mein Vater in der Schönhauser Allee“, so der neue Eigentümer Yoram Roth zur Berliner Zeitung. Schließlich birgt der Ort einen reichen Fundus Berliner Kulturgeschichte. „Ich will, dass das Gebäude hinterher so aussieht, als wäre es nie angefasst worden“, sagte er der dpa in Berlin.
Ein Ballhaus für Berlin
Die ursprünglich als „Bühlers Ballhaus“ gegründete Amüsierstätte im Herzen Berlins wurde nach dem Tod Bühlers im Ersten Weltkrieg schließlich als Clärchens Ballhaus bekannt, nachdem seine Witwe Clara – alias „Clärchen“ – das Lokal alleine weiterführte.
Ab da standen einige aufregende Jahrzehnte bevor, in denen sowohl das feierlustige Volk als auch die wilhelminische Schickeria zu vergnüglichen Tanz-Abenden im Ballhaus verkehrte. Entsprechend der damaligen Klassentrennung allerdings in zwei separaten Sälen. Während im großen Saal im Erdgeschoss zu Volksliedern und Gassenhauern geschwoft wurde, war der Spiegelsaal im Obergeschoss ausschließlich der vornehmeren Gesellschaft vorbehalten.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Vom Dornröschenschlaf zur Renaissance
Nachdem das Vorderhaus den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges zum Opfer fiel, wurde der Betrieb nach Kriegsende wieder aufgenommen und das Ballhaus bis nach der Wende als Familienbetrieb fortgeführt, ehe es – trotz seiner anhaltenden Beliebtheit – allmählich in einen Dornröschenschlaf verfiel. So blieb der Spiegelsaal seit Mitte der 40er ungenutzt und öffentlich nicht zugänglich. Und auch wirtschaftlich wollte der Aufbruch in die neue Zeit nicht wirklich gelingen.
Seine Renaissance erlebte Clärchens Ballhaus dann erst im Jahre 2005 unter der neuen Bewirtschaftung von Christian Schulz und David Regehr, die der beliebten Location wieder zu voller Blüte verhalfen. Von historischen Spinnenweben befreit, unrenoviert und trotzdem prächtig, erstrahlte der Spiegelsaal nun wieder in neuem „alten“ Glanz, Tanzkurse wurden eingeführt und auch der Platz vor dem Ballhaus wird seither bewirtschaftet.
Kurzum: In dem ältesten Tanzlokal Berlins, in dem seit Kaiserzeiten gelacht, gefeiert und getanzt wird, tobt das Leben – und das hoffentlich auch die nächsten 100 Jahre.
Ab 2. August findet im Clärchens übrigens immer am ersten Sonntag des Monats eine Führung durchs Haus statt.