Dort wo früher ein Vereinsheim mit grellen roten Wänden seine Heimat hatte, herrscht heute gemütlicher Neukölln-Chic mit Industrielampen, unverputzten Wänden, hellem Holzboden und einem Barschrank, der auch bei Mutti stehen könnte. Nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der verschnörkelten Verzierungen auf dem Holz. Das B.Horn in der Flughafenstraße nutzt die Ecklage an der Hasenheide geschickt aus für sein Konzept als Bar und Restaurant, denn der rechte Teil des Tresens ist jetzt die offene Küche und der linke die Getränkestätte. Das heißt natürlich nicht, dass du Hunger und Durst nicht gleichzeitig haben darfst, aber so ist der Innenbereich des B.Horns aufgebaut. Auf der einen Seite steigt Wasserdampf über den Töpfen auf und auf der anderen wird gemixt und geshakt – und das alles vor deinen Augen.
Jetzt hat A.Horn ein B.Horn
So viel Action würde man der Stätte direkt an der Hasenheide gar nicht zutrauen, wenn man von der U-Bahnstation Boddinstraße losläuft, denn hier reihen sich keine Lokale aneinander. Seit Sommer 2017 hat das B.Horn offen, das von den Machern des Cafés mit dem Fahrradladen namens A.Horn in Kreuzberg stammt. Ludwig Horn und Alexandra Vlachopoulou wollen in ihrem Neuköllner Heimatkiez weder Nüsse und Chips zu ihren Drinks servieren noch Longdrinks aus der Dose, sondern ihr Konzept ist: Nach dem Essen oder auch dazu kann man sich Cocktails in Barqualität bestellen, sodass du mit deinen Freunden die Ausgehkultur nicht verlernst.
Das Essen wiederum hat mit Barfood, also Chickenwings, Sandwiches und Co. nicht mehr viel am Hut. Ja, es gibt einen Pulled Pork Burger (10 Euro) und Ribs mit hausgemachter BBQ-Sauce (9 Euro), die zum Fingerablecken lecker sind, aber sonst geht es kulinarisch ziemlich querbeet zu – einzige Konstante ist der mediterrane Touch. So gibt es die französische Land-Spezialität Aligot. Ein Kartoffelstampf (sonst auch bekannt als Püree), der mit würzigem Bergkäse durchmischt ist sowie mit geröstetem Salbei, Zwiebeln und Bratwurst serviert wird (7 Euro, gibt’s auch vegetarisch). Oder aber Oktopus mit gegrillten Kartoffeln in Knoblauchöl (14 Euro), Rote Beete Carpaccio mit gegrilltem Ziegenkäse (6,50 Euro) und Vitello Tonnato (8 Euro).
Stundenlang einlegen und 20 Zutaten für eine Sauce
Uns schmecken die Gerichte ausgesprochen gut, schöne Würzung, frische Zutaten und ganz viel Hingabe, die Koch Jacob Schunck in jede einzelne Speise hineingibt. So hat die BBQ-Sauce der Ribs gut 20 Zutaten und der Oktopus wird Sous-vide gekocht, damit er besonders zart auf dem Teller landet. Dazu sind die Preise Neukölln-freundlich. Die Drinks von Barfrau Isabelle Fouquet sind auf die Speisen abgestimmt. Uns überzeugt vor allem der Hasenheide Spritz (7 Euro). Der Drink besteht aus Wodka, Thymiansirup, Orangenbitter sowie Grapefruit und hat ordentlich Umdrehungen. Für uns eine super Alternative zu dem Berliner Liebling Moscow Mule. Wer übrigens keinen Alkohol trinkt, auf den warten erfrischende, selbstgemachte Schorlen mit Limette-Lavendel oder Gurke-Zitrone.
Doch am Schönsten an dem neuen Spot finden wir die Einbeziehung vom jungen Team in die angebotenen Speisen und Getränke. So gibt es den Oktopus als Reminiszenz an die griechischen Wurzeln von Alexandra Vlachopoulou und eine französische Kollegin plädierte für eines ihrer Lieblingsgerichte Aligot. Generell möchte Chef Ludwig Horn, dass es familiär auch beim Essen zugeht, also Teilen, was geht, und gerne einfach jeden Teller in die Mitte stellen, so seine Aufforderung auch an uns. Denn Rippchen schmecken mit einem frischen Salat oder einer Gemüsebeilage noch besser. So ist die Karte auch schon auf das Teilprinzip abgestimmt, darauf sollte man beim Bestellen achten.
In New York oder in England mit ihrer Pubkultur ist der Mix aus Restaurant und Bar schon mehr durchgedrungen. Hierzulande kann es auch schnell mal ziemlich teuer werden, wenn die Drinks was können, daher finden wir, dass das B-Horn eine tolle Bereicherung für den Kiez ist, das die Frage, was man nach dem gemeinsamen Essen mit dem Abend noch anfangen könnte, überflüssig macht.