Zeitreise

Offene Gärten im Böhmischen Dorf

Offene Hinterhöfe: Verheißungsvolle Aussichten.
Offene Hinterhöfe: Verheißungsvolle Aussichten. Zur Foto-Galerie
Böhmisches Dorf - Zu besonderen Gelegenheiten öffnen die Anwohner der Kirchgasse in Neukölln ihre historischen Gärten und Hinterhöfe. So auch beim "Tag der offenen Gärten" am vergangenen Wochenende. Umringt von Blumen und alten Scheunen gab es einiges zu entdecken - Geschichtsstunde inklusive. Schon im September gibt es den nächsten "Tag der offenen Gärten", die Rixdorfer Hinterhof-Schätzchen sind allerdings erst wieder im nächsten Jahr dabei.

„Das sind alles böhmische Dörfer für mich.“ Will man entnervt bekunden, dass einem etwas unbekannt ist, muss häufig dieses altbekante Sprichwort herhalten. Am vergangenen Wochenende wurde der Sinnspruch jedoch auf eine sehr schöne Art und Weise ausgehebelt: Am „Tag der offenen Gärten“ standen in Berlin Rixdorf – und hierbei handelt es sich um ein waschechtes Böhmsches Dorf – die Gartenzäune und Hinterhoftüren der alteingesessenen Anwohner für Besucher sperrangelweit auf.

Für schlappe zwei Euro erhielt man eine Info-Broschüre samt Sticker und erwarb damit eine Art Eintrittskarte für die teilnehmenden Gärten und Hinterhöfe entlang der Kirchgasse. Damit unterlief die Aktion den Charakter des genannten Sprichwortes wunderbar: Wer seine Türen öffnet, der macht aus Unbekanntem Bekanntes, der zeigt stolz, was er hat.

So zum Beispiel auch Ulrich Krystek. Der Eigentümer eines historischen Hofes ist am Samstag Vormittag im Garten anzutreffen. Die kleinen Gebäude sind liebevoll restauriert, der Boden ist mit groben Kopfstein gepflastert, die Begrüßung von Eigentümer und Mieterin, die an einem Tisch Postkarten mit Blumenmotiven aus dem Garten verkauft, ist herzlich. Ulrich Krystek deutet auf die Mitte eines im Hof aufgestellten schwarz-weiß Fotos: „Wissen Sie, wer das ist?“ Kurze Pause. „Das bin ich.“ Elf Kinder stehen mit Hütchen dekoriert vor einem alten Scheunentor. Hebt man den Blick, so schaut man auf das gleiche Scheunentor. Viele Jahre später.

Ebenfalls auf dem Bild abgebildet ist Beate Motel. Sie wohnt nebenan, auch sie hat ihren Garten heute geöffnet. Alte Häuschen mit grün lackierten Türen, ein langezogener Hof und wild blühende Blumenbeete bestimmen die romantische Kulisse.

Die Wege auf denen man hier läuft, wurden im vor weit über 200 Jahren angelegt. Das Böhmische Dorf, früher Böhmisch-Rixdorf, ist eine Gemeinde, die 1737 gegründet wurde und protestantische Glaubensflüchtlinge aus Tschechien beherbergte. Noch heute wohnen in vielen Häusern Nachfahren der damaligen Flüchtlinge. Wenn man also die Kirchgasse runterschlendert – die Graffitis an den Wänden mal ausgeblendet – dann wandelt man faktisch auf den Pfaden einer anderen Zeit. Nicht zu fassen, dass die Karl-Marx-Straße mit ihrem Autolärm und den vielen Ramsch-Läden nur wenige hundert Meter entfernt ist.

Schon im September öffnen sich in ganz Berlin wieder die Zäune und Pforten von verborgenen Gärten – die Rixdorfer nehmen jedoch erst wieder im kommenden Jahr teil. Allerdings: Auch sonst ist das alte Böhmische Dorf mitten in Neukölln eine Erkundungstour wert!

Weitere Informationen gibt es hier.

Foto Galerie

Museum im Böhmischen Dorf, Kirchgasse 5, 12043 Berlin

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