In Zehlendorf hat sich eine ungewöhnliche Koalition gebildet: Schwarz-Rot. Diesen Eindruck jedenfalls konnte man gewinnen, wenn man am späten Sonntagnachmittag Am Hegewinkel spazieren ging und dort auf sehr viel Politprominenz traf. Es ging einmal mehr um das Vorhaben des Berliner Rugby Clubs (BRC), auf dem Gelände der Wilma-Rudolph-Schule ein Rugbystadion zu bauen. Gegen die Pläne hat sich Widerstand gebildet, eine Bürgerinitiative hat sich gegründet, die die Pläne vor allem wegen der schwierigen Verkehrssituation, aber auch wegen des möglichen Lärms, als nicht praktikabel ansieht.
Bisher hat die zuständige Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) für den Standort Am Hegewinkel plädiert, vor allem, weil die sportbetonte Schule ohnehin mit dem BRC kooperiert und die Hoffnung bestand, dass mit den Mitteln des Vereins nicht nur der längst marode Sportplatz, sondern auch andere Freiflächen für den Sport- und Freizeitbereich der Schule hergerichtet werden könnten. Nach der sonntäglichen erneuten Begehung des Geländes war allen Zuhörern aber klar: Die bezirkliche CDU wird den Standort nicht mehr favorisieren, sondern es wird nun sehr wahrscheinlich doch auf die Sachtlebenstraße hinauslaufen – trotz der dortigen Kontamination vor allem mit Hausmüllablagerungen.
Danckerts Drohung war nicht mehr notwendig
Vielleicht mag es auch an diesen beiden Männern gelegen haben, dass am Sonntag die CDU ebenfalls in erstaunlicher Prominenz auflief: Der Bürgermeister Norbert Kopp war höchstpersönlich gekommen, um sich ein Bild von der Situation zu machen, dazu Fraktionschef Torsten Hippe und der Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann. Als alle Argumente ausgetauscht waren, stand Peter Danckert gegen 19 Uhr in einem Nebenraum der Schule auf und machte in einem Nebensatz deutlich, um was es geht: „Wenn man doch zu dem Schluss kommen sollte, dass hier der richtige Ort für dieses Vorhaben sei, dann werden sich die Anwohner wehren.“
Das war eine Kampfansage, zuvor hatte Fäßler schon davon gesprochen, dass „verlorenes Vertrauen nicht mehr aufgebaut werden kann“, aber letztlich waren diese indirekten Drohungen nicht mehr nötig. Denn sowohl Norbert Kopp als auch Karl-Georg Wellmann hatten da längst schon signalisiert, dass man sich selbst die Wilma-Rudolph-Schule nicht wirklich vorstellen könne. Kopp sagte also in Richtung Danckert: „Wir werden das jetzt im Bezirksamt diskutieren, aber die gemachten Vorschläge erscheinen mir vernünftig.“
Rugby ist im Kommen
Die Vorschläge, die von Seiten der Bürgerinitiative kamen, weisen alle in Richtung Sachtlebenstraße. Das Kuriose daran ist: Der BRC selbst hatte schon vor Jahren genau diese Sachtlebenstraße angefragt, um dort seine Heimstätte zu errichten. Man muss nun dazu wissen, dass der Berliner Rugby Club nicht irgendwer ist, sondern in Deutschland zu den erfolgreichsten Vereinen überhaupt in seiner Sportart zählt.
Verein ohne eigene Spielstätte
Der Senat steht dem generellen Vorhaben des BRC positiv gegenüber, man hat Förderung zugesagt, nur die Platzfrage ist nun mal Bezirksangelegenheit. Und was man dazu bisher tatsächlich sagen kann ist: Trotz der vielen Erfolge hat der BRC bis heute keinen eigenen Platz, man trainiert an drei verschiedenen Standorten, einer davon ist in der Jungfernheide. Klub-Boss Stefan Hansen, im Berufsleben einer der erfolgreichsten Werber im Land, aber sagt: „Wir sind ein Zehlendorfer Verein, und wir wollen ein Zehlendorfer Verein bleiben.“ Und dann fügte er noch an: „Was wir aber gar nicht möchten, ist, in eine politische Debatte gezogen zu werden.“
Sachtlebenstraße also! Dabei gibt es tatsächlich ein Gutachten, dass sehr wohl auch von Kontamination berichtet. Zusammengefasst kann man sagen: Es gibt vor allem eine Kontamination mit altem Hausmüll, dazu aber heißt es – einerseits – im Gutachten: „Das Erreichen eventueller Hausmüllablagerungen, so sie in den geophysikalischen Anomaliebereichen des Sportgeländes tatsächlich abgebildet und vorhanden ist, dürften die geplanten Baumaßnahmen nicht beeinflussen.“
Verunreinigung mit hohem Schadstoffgehalt
Doch die „geplanten Baumaßnahmen“ gehen zurück auf ein Vorhaben, das kleiner ist als das, was der BRC nun, womöglich gemeinsam mit einem Baseballklub, realisieren will. Bis zu 30 Zentimeter könne man buddeln, das sei kein Problem, aber dann! Denn das Gutachten spricht – andererseits – auch noch von anderen Verunreinigungen, „im unteren Ablagerungsbereich wurden hohe Schadstoffgehalte für Schwermetalle, PAK, örtlich auch MKW, Cyanide und PCB nachgewiesen. Die obere Ablagerungsschicht war diffus mit gleichem Schadstoffinventar, aber geringer und örtlich unterschiedlich belastet.“
Bezirksamt schlecht vorbereitet?
Peter Danckert findet, der Verein könne doch erst einmal die vorhandenen Flächen an der Sachtlebenstraße sofort nutzen, dann hätten alle Zeit gewonnen und könnten sehen, wie es weitergehen soll. Auch dem verschließt sich der Klub nicht, denn er will sein Geld, rund 1,9 Millionen Euro, gut und nachhaltig investieren. Die Politik hat am Sonntag eher den Eindruck gemacht, sie wolle jetzt mal ganz schnell einen Plan dort abräumen, wo er auf Widerstand stößt und wo womöglich auch Wähler verprellt werden könnten.
Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski am Sonntag nicht dabei
Der Klub wiederum muss letztlich nehmen, was er bekommen kann. Am Ende hat Stefan Hansen – der trotz mancher Unflätigkeit einzelner Anwohner sehr ruhig blieb – seine Alternativen mit spürbarer Wut im Bauch nochmals vorgetragen: „Die Fußballer bekommen hier alles, aber uns, einem der erfolgreichsten Vereine in diesem Land, gibt man entweder ein Wohngebiet oder eine Müllhalde.“
Am Montagabend stand das Thema auch auf der CDU-Kreisverbandssitzung. Dort wird sicher auch die zuständige Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski anwesend sein, die am Sonntag nicht dabei war. Die Bildungs- und Sportstadträtin wollte bisher gern den amtierenden Bürgermeister Norbert Kopp 2016 ablösen. Zu oft sollte sie sich dann von Kopp nicht korrigieren lassen müssen.