Der „Platz vor dem Sportdenkmal“ steht in keinem Stadtplan. Dennoch ist er vor allem im Köpenicker Ortsteil Grünau im Südosten Berlins ein Begriff. Viele ältere Einwohner kennen das „Deutsche Sportdenkmal“, das seit 1898 am Ufer der Dahme neben der großen Regattatribüne gestanden hatte, noch aus eigenem Erleben. Hier sind sie hochgeklettert, haben den Ausblick zu den Müggelbergen genossen oder sich zu einem ersten Rendezvous verabredet. Erst im Frühjahr 1973 rückten eines Nachts Abrissbagger an, um den 15 Meter hohen Koloss aus 300 großen Steinen unter großer Geheimhaltung zu beseitigen. Er blieb aber unvergessen. Schon im Februar 1990 hatte das auf einer Demo von 500 Menschen ins Leben gerufene Grünauer Bürgerkomitee den Wiederaufbau des Denkmals beschlossen. Seit dieser Zeit haben sich viele Einwohner und Abgeordnete und selbst der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit dem Vorhaben beschäftigt. Doch bis auf das provisorische Schild „Platz vor dem Sportdenkmal“ und der Rückbenennung einer Ausflugsgaststätte in „Bootshaus Sportdenkmal“ ist nichts Greifbares geschehen. Jetzt schöpfen die Initiatoren aus der möglichen Berliner Olympiabewerbung neuen Mut.
Schätze des Wassersports
Dann stehen wir vor vier großen Steinen. „Fecht Club Offenbach gegr. 1863“, „Kauf. Ruder Club ‚Hilda’ Greifswald“, „Acad Ruder Club Berlin-Spandau“ und „Verein z. Zucht Württembg.“, lauten die Inschriften. Das Material stammt aus den jeweiligen Regionen. So entschieden sich die Spandauer damals für Gips aus Sperenberg. „Aus ganz Deutschland schickten die Vereine Steine für das Sportdenkmal“, erzählt der 81-Jährige. „Leider nahmen 1973 einige Köpenicker Parteigenossen mit vorauseilendem Gehorsam daran Anstoß und setzten den Abriss durch.“
Anlass waren die Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Ost-Berlin. Da in deren Rahmen einige Ruderwettbewerbe in Grünau stattfinden sollten, wollte man damals den Gästen die „revanchistischen Bezeichnungen“ auf dem Denkmal nicht zumuten, wie es später hieß. Sie wären schließlich daran vorbeigefahren, stand es doch als weithin sichtbares Monument genau an der 1000-Meter-Marke vom Start vor der Tribüne. „Außerdem passte wohl der ganze Hintergrund des Denkmals nicht in die offizielle Politik“, erzählt Werner Philipp. „Die Sportvereine feierten 1898 damit die Einheit des deutschen Reiches und würdigten Kaiser Wilhelm I.“
Ein Neubau soll entstehen
Da konzentrieren sich Werner Philipp und seine Mitstreiter lieber auf einen Neubau am historischen Ort. Der Enthusiasmus überrascht angesichts der vielen Niederlagen und der schwankenden Unterstützung durch Politiker im Bezirk und im Senat. Besonders tief saß die Enttäuschung über die Ablehnung von Lottomitteln zur Finanzierung des 300.000 Euro teuren Denkmals durch das Abgeordnetenhaus im Jahre 2009. „Dabei hatte ich mit Klaus Wowereit auf einer Dampferfahrt zuvor so eindringlich über die Idee gesprochen“, erinnert sich Philipp. „Danach war ich zuversichtlich.“
Neuen Optimismus schöpft Werner Philipp neuerdings auch aus der Diskussion um die Olympia-Bewerbung. „Da könnte Berlin bestimmt mit einem Denkzeichen auch international punkten“, sagt er und will einen Antrag auf Mittel aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR stellen. „Unser Vorhaben passt dafür genau.“
Das Wassersportmuseum in Grünau in der Regattatribüne (Regattastraße 191) ist samstags von 13 bis 18 Uhr geöffnet. www.wassersportmuseum-gruenau.de