Um diese Gaststätte zu finden bedarf es eines gewissen detektivischen Geschicks. Zwischen der S-Bahnstation Betriebsbahnhof Berlin-Rummelsburg und der U-Bahnstation Tierpark befindet sich eine Siedlung, in der der Großteil aller Straßen einen Namen zu tragen scheint: Dolgenseestraße.
Hat man sich erst einmal durch die Dolgenseestraßen durchgekämpft, taucht irgendwo zwischen Parkplätzen und Hochbauten das Restaurant „Marco Polo“ auf. Ein ähnliches Glücksgefühl dürfte der legendäre Entdecker wohl auch gehabt haben, jedes Mal wenn er einen neuen, für ihn unbekannten Ort erschlossen hat. Ähnlichen Hunger am Ziel seiner Reise könnte der venezianische Händler sicherlich auch verspürt haben.
Das Erbe Udines
Warum „Marco Polo“, warum der Name? „Erst einmal ist es leicht zu merken für die Kunden und zweitens war Marco Polo derjenige, der damals italienische Pasta nach China gebracht hat“, erklärt uns „Bobo“, der Geschäftsführer des Restaurants. „Bobo“ ist natürlich nicht sein richtiger Name. Bürgerlich heißt der 42-Jährige Bratislav Petrovic und ist Sohn eines serbischen Vaters und einer italienischen Mutter aus Udine. Gar nicht so weit entfernt von Venedig wohl gemerkt. Seit Mitte der Neunzigerjahre betreibt Petrovic das „Marco Polo“ in der Dolgenseestraße. Nach und nach kamen aufgrund der großen Gästezahl noch zwei weitere Räume dazu. Es gibt zudem ein „Marco Polo Due“ am Anton-Saefkow Platz, ebenfalls in Lichtenberg.
Bratislav Petrovic lebt schon seit über zwanzig Jahren in Berlin und hat nach eigener Aussage mit italienischer Küche viel Erfahrung. Nach seinem Konzept gefragt betont der gelernte Koch mit dem schmissigen Spitznamen die persönliche Bindung zu den Gästen des Lokals und die Ablehnung medialer Vermarktung. Der 20-Mann-Betrieb setze bewusst auf Mundpropaganda und wolle ein Geheimtipp bleiben. Sage und schreibe fünfundneunzig Prozent Stammkundschaft hätte man und einen verschwindend geringen Anteil an Laufpublikum. Zweifelsohne ist dies ein Resultat der recht abgeschiedenen Lage und der Firmenphilosophie.
Der Chef empfiehlt
Doch kommen wir zur Küche. Wer sich online über das Angebot informieren möchte, wird nicht mal im Ansatz das Potenzial der Speisekarte erkennen können. Die Besonderheiten präsentieren sich nämlich in den Spezialangeboten des Hauses. Selbstgemacht und erlesen muss die Pasta bei „Marco Polo“ sein – konstatiert der Geschäftsführer. Abseits von den üblichen Spaghetti, Tortellini und Tagliatelle bieten sich dem Gast Fagottini (handgemachte Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen, Rinderfiletstreifen und Beilagen für etwa 11€), Tronchetto (eine selbstgemachte Nudelrolle in Scheiben und Füllung mit Beilage, etwa 13€) und Caramelles (Bonbonnudeln). Frisch zubereiteten und am Tisch filetierten Fisch gibt es natürlich auch. Die günstigste Variante ist eine Regenbogenforelle für 14,50€ und das Highlight, die Norwegische Seezunge, kostet 25,90€.
Von seiner italienischen Mama hat sich „Bobo“ in Sachen Pasta ziemlich inspirieren lassen. Das Rezept für die „Caramelle al Pepe verde“ (für 14,90€) kommt direkt aus dem Hause Petrovic. Diese Bonbonnudeln sind gefüllt mit Ricottakäse, Pistazien und Limetten. Dazu werden Feigen sowie Rinderfiletspitzen in leichter Cognac-Sahnesoße serviert. Abgerundet wird das Ganze mit einem trockenen 2007er Chardonnay. Das Gericht wirkte trotz des ein wenig rustikalen Charakters rund, nicht überladen, mit einer angenehmen Süße von der Soße und den Cherrytomaten. Das nötige Aroma verliehen der frische Rosmarin und ein Lorbeerblatt. Als Dessert gab es ein Tiramisu nach Art des Hauses: Auf Erdbeer-Sorbet und mit einem Schuss Eierlikör.
Liebhaber des original italienischen Grappas werden hier auch vollends auf ihre Kosten kommen. „Bobo“ bietet seinen Gästen eine feine Auswahl des edlen Tropfens. Mit seinem Küchenkonzept präsentiert er uns eine Mischung aus klassischen italienischen Gerichten und Angeboten für kulinarische Entdecker. Die Reise hat sich in Sachen Gaumenfreude allemal gelohnt. Das „Marco Polo“ in Lichtenberg ist eine Erkundung wert.
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