Schon vor 100 Jahren sorgten große Bauprojekte für viel Wirbel. Die Planungen für ein neues, prächtiges Rathaus für die schnell wachsende Gemeinde Schöneberg zogen sich von 1906 bis 1914 hin. Im Laufe der Planungsphase wurden unter anderem ein Armenhaus und eine Stadtgärtnerei verlegt, ein benachbarter Morast trockengelegt und ein großer Architekturwettbewerb veranstaltet. Die Grundsteinlegung erfolgte im Mai 1911 – doch auch die Bauarbeiten zogen sich hin, nicht zuletzt weil für den repräsentativen Bau Sandstein aus dem ehemaligen Niederschlesien angeliefert werden musste und hohe Mehrkosten zu verzeichnen waren. Am Ende – und das dürfte uns Berlinern Hoffnung für den neuen Großflughafen BER geben – zahlten sich Mühe und Kosten jedoch aus: Das Rathaus Schöneberg gehört bis heute zu den sehenswertesten Verwaltungsbauten der Hauptstadt.
Vom Theater zum Wahrzeichen
Im Laufe seiner 100-jährigen Geschichte hat es viel erlebt: In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs wurde das Rathaus Schöneberg von zahlreichen Bombenangriffen beschädigt und diente schließlich als einer der letzten Rückzugsorte von Volkssturm, Hitlerjugend und flüchtenden Soldaten. Nach der Übergabe des Rathauses an die sowjetische Besatzungsmacht fanden im Rathaus bald Vergnügungsveranstaltungen für Soldaten statt. Seinen Status als Repräsentationsgebäude erhielt das Rathaus 1949 zurück – in diesem Jahr wurde es zum provisorischen Sitz der West-Berliner Verwaltung auserkoren. Auch der Wiederaufbau wurde durch diese Aufwertung des Gebäudes beschleunigt: Bis 1955 waren alle Renovierungsarbeiten abgeschlossen.
Bis zur Wiedervereinigung blieb das Rathaus Schöneberg der Dreh- und Angelpunkt der Westberliner Politik. Abgeordnetenhaus und Regierender Bürgermeister walteten hier ihres Amtes. Eine Großdemonstration mit mehr als 300.000 Teilnehmern anlässlich des Endes der Berlin-Blockade 1949, der Besuch des US-Präsidenten John F. Kennedy 1963 oder das Läuten der von den Amerikanern gespendeten sogenannte „Freiheitsglocke“ zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 um 24 Uhr sind einige der nachdrücklichsten Ereignisse rund ums Rathaus Schöneberg.
Geschichte zum Anfassen
Zu den berühmtesten Amtsträgern mit Sitz im Schöneberger Rathaus gehören bis heute Willy Brandt, Richard von Weizsäcker und Eberhard Diepgen. Letzterer leitete auch die letzte Senatssitzung – im wiedervereinigten Berlin wanderte die große Politik ins Rote Rathaus in Berlin-Mitte weiter. Das Rathaus am John-F.-Kennedy-Platz ist Sitz des Bezirksbürgermeisters von Tempelhof-Schöneberg geblieben. Wer das Gebäude heute besucht – aus Interesse oder für Behördengänge – sollte unbedingt einen näheren Blick auf die architektonischen Feinheiten der Fassade und der zugänglichen Innenräume werfen. Unser Tipp: Es werden regelmäßig Führungen durchs Rathaus und auf den Glockenturm angeboten.
Darüber hinaus wird der 100. Geburtstag des Gebäudes natürlich gefeiert. Es stehen die Eröffnung einer Fotoausstellung am 4. April um 18 Uhr, eine nicht-öffentliche Festveranstaltung am 11. April und ein Open-Air-GlockenKlang-Konzert am 13. April um 19.30 Uhr auf dem Programm.