Sie ist Schauspielerin, Sängerin und seit dem Jahr 2013 auch noch Barbesitzerin. Noch nennt sie sich selbst „die Königin der Nebenrollen“. Doch das alles hat Selina Maluche schon mit zarten 23 Jahren geschafft.
Zart ist auch der „Rosengarten“, die Bar, die sie betreibt. Blumige Fliesen an den Wänden, frische Rosen auf dem Tisch, eine glänzende Ornament-Tapete im Hinterraum und geschwungene Schrift auf den Tafeln an der Wand. „Ich bin halt ein Mädchen und steh‘ auf sowas“, lacht die junge Besitzerin. Der Name passt darum zu der schummrigen Bar wie die seichte Hintergrundmusik zu dem Klavier im Innenraum.
Tatsächlich wollte Selina ihre Bar schon immer „Rosengarten“ nennen, weil sie in der gleichnamigen botanischen Anlage des Volksparks Alt-Mariendorf ihre Jugend verbracht hat. „Da habe ich mich mit Freunden getroffen, mein erstes Bier getrunken und mit den anderen Gitarre gespielt.“ Dass sie jetzt den Laden in Kreuzberg ihr Eigen nennen darf, scheint mehr als nur glückliche Fügung zu sein.
Schöne Geschichte: „Der Laden kam zu mir“
Und dann war Selina zufällig bei einer Besichtigung des Ladens in der Manteuffelstraße dabei, eigentlich ohne eigenes Interesse. Und doch hat sie sich sofort verliebt. „Eigentlich wollte ich keine Bar in der Gegend, in der man noch so viel renovieren musste.“ Die Location stand inzwischen seit zehn Jahren leer. Zuvor gab es hier ein Jahr lang eine Shisha-Bar – nicht so eine trendige, erklärt Selina, sondern eher ein türkisches Männercafé. Die Fließen waren verrußt, ihr Muster kaum zu erkennen, die Türen waren mit Pappe beklebt. Als dieser ganze Dreck entfernt war, kamen Blumen zum Vorschein. Die Ornamente auf den Fliesen, das Bild einer Rose an der Eingangstür, außerdem ein kleiner Garten im Hinterhof. Und es stellte sich heraus, dass die Shisha-Bar den Namen „Rosengarten“ getragen hatte. Für Selina sei das wie ein Wink des Schicksals dafür gewesen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat.
Eines der ältesten Häuser Kreuzbergs?
Auch im Keller der Bar gab es noch Überraschungen: Dort warteten Fleischerhaken und eine alte Drehtür auf die Renovierwütigen. Ursprünglich soll die Bar ein Geschäft gewesen sein, wahrscheinlich von einem jüdischen Inhaber. Auf jeden Fall wurde darin Fleisch verkauft, daher die Fliesen und Hinterlassenschaften im Keller. Mindestens 120 Jahre sei das Haus jedenfalls alt, davon zeugen auch Anno-Inschriften im Flur aus dem 19. Jahrhundert. Glaubt man einer älteren Dame, die einmal bei Selina einen Kaffee getrunken hat, sei das Haus eines der ältesten im Bezirk.
Vom Dornröschenschlaf zur Kiezperle
Jetzt haucht Selina den alten Wänden wieder neues Leben ein. „Ich wollte aus der Bar etwas besonderes machen, irgendwas, womit ich mich auskenne. Und das ist halt die Musik.“ Darum gibt es im „Rosengarten“ am Donnerstag, Freitag und Samstag Live-Musik von unterschiedlichen Singer-Songwritern, Blues- und Jazz-Musikern. Wenn man Glück und Selina Zeit hat, singt die Chefin sogar selbst mit – „nur zum Spaß“, sagt sie. Bald soll es auch an jedem Sonntag Lesungen geben. Schon jetzt macht Selina an diesem letzten Tag der Woche ihre Bar wieder auf, es gibt dann Kaffee und Kuchen. Das ginge aber nur, weil sie mittlerweile zwei Mitarbeiter hat, die ihr viel Arbeit abnehmen.
Natürlich fühlen sich in der schummrig-schönen Bar eher Pärchen wohl als Halbstarke und Hartgesottene auf der Suche nach dem großen Abenteuer. Wer aber Gefallen an einer liebevoll gestalteten Einrichtung findet, es unter der Woche gemütlich und an den Wochenenden kultiviert mag, für den könnte diese noch recht unentdeckte Bar der Frühblüher unter den Kreuzberger Winterharten sein.