Brunnenviertel - Das Stattbad Wedding war früher tatsächlich eine Schwimmhalle, heute wird es für künstlerisches Schaffen und kulturelle wie kulinarische Genüsse genutzt. In regelmäßigen Abständen serviert das Team der Stattbar dort mehrgängige Menüs für einen schmalen Taler. Wir haben das vegane Dinner "Lost in Wedding" getestet - und waren ein bisschen enttäuscht.
Die Stattbar Wedding ist die selbsternannte „kleine Schwester“ des Stattbades und sorgt für wöchentliche Pop-up-Dinner zwischen den Schwimmfliesen. Mit Pop-Up haben diese allerdings nur ihre provisorische Atmosphäre gemein, schließlich gibt es die unterschiedlichen etablierten Verköstigungen schon seit zwei Jahren und sie erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. So erklärt sich auch, dass sich der geschmackliche und handwerkliche Rahmen der Dinner stets erweitert: Erst konnte man im Stattbad nur vegetarisch essen, jetzt werden im achtwöchigen Turnus fleischige und an einem Donnerstag im Monat polnische Spezialitäten kredenzt. Das nennt sich dann „Wachteln im Wedding“ oder „Polish Thursday Dinner“, nicht zu vergessen die „Liebesgrüße aus dem Wedding“, die in Form deutschen Sushis an jedem zweiten Donnerstag gereicht werden. Der Dauerbrenner ist aber die Reihe „Lost in Wedding“, bei der an jedem Dienstag wechselnde Kochteams saisonale und internationale Zutaten zu veganen Menüs verarbeiten.
Essen: supi, Getränke: upsi
Das Konzept ist denkbar einfach: Gegessen wird, was in drei oder vier Gängen auf den Tisch kommt. Wenn schon nicht bei der Gestaltung, darf der Gast aber wenigstens bei der Größe seines Menüs mitreden. Wir entscheiden uns schon im Vorfeld bei der Reservierung für ein Giant-Vegan Menü im Wert von zehn Euro, auch die Classic-Variante für sieben oder die Super Giant Version für dreizehn Euro standen zur Wahl. Die Gänge werden vorher auf Facebook veröffentlicht, so dass Überraschungsmuffel sich bestens informiert auf den Weg in den Wedding machen können. Uns erwartete ein Mini-Kartoffelbaumtörtchen mit Petersilienemulsion, confierten Paradeiser und Haselnuss, zum Hauptgang Grünkernsteak, süße Patata, grüner Spargel und mazerierter Pfirsich gekrönt von Waldbeeren-Sorbet mit Schokoladenraspel und Minzöl. Klingt lecker, war es auch und für den kleinen Schein, den wir dafür auf den Tisch legen mussten, absolut angemessen. Sterneküche muss man hinter den hochtrabenden Umschreibungen aber ebenso wenig erwarten wie eine Portion, die dem Wort „giant“ wirklich gerecht wird.
Apropos schmaler Schein: Nachdem wir durch die einladend bunte, hipsteresk angekitschte Bar getreten sind, blickten wir im Foyer gleich auf die langen, mit weißem Papier gedeckten Tafeln, an denen weiße Plastikstühle dicht an dicht standen. Passt zum finanziellen Konzept, passt zum bunten Pop-up Ambiente. Aber wir hatten erwartet, direkt im Becken des Stattbades zu sitzen. Das wird aber nur zu ganz besonderen Anlässen herangezogen. Wenige einzelne Tischchen gibt es, der Rest der Gäste quetscht sich an die langen Tafeln. Platzzuweisungen gibt es nur für große Gruppen
Unsere nette Kellnerin, die wie alle hier mit allen per du ist, weist uns darauf hin, dass das Essen erst zu uns kommt, wenn wir uns am Bartresen Besteck und ein Päckchen von Essensmarken organisieren. Bezahlt wird immer sofort und nach dem Motto: nur Bares ist Wahres. Wir entscheiden uns, bei der Gelegenheit noch einen Drink mitzunehmen. Ein Cocktail kostet so viel wie unser gesamtes Menü, mit zwei Weinen komme ich auch auf zehn Euro. Ob man das bei dem schmalen Budget fürs Essen hätte erwarten können, darüber lässt sich streiten.
Auf Kuschelkurs mit der Szene
Die beiden netten Herren, die sich später zu uns gesellen, lernen wir in der Stunde, die es bis zum Hauptgang dauert, etwas besser kennen. Den erhalten wir fast zeitgleich mit den Nachkömmlingen, auf das Dessert warten wir wieder über eine Stunde und dürfen es sogar zeitlich mit unseren neuen Freunden aus Spandau genießen. „Viele Leute ausm Wedding sind hier aber nicht“, stellt einer der Tischnachbarn fest. Aus dem trendigen Teil des Bezirks vielleicht schon, denke ich. Denn wo man auch hinsieht: Oversized-Pulli, Schnurrbart, Blogger-Dutt. Das mit dem Sehen ist allerdings auch so eine Sache. Immer wieder kommen Handys zum Einsatz, um Speise- und Getränkekarten zu entziffern, drei Teelichter müssen für eine lange Tafel reichen.
Unser Fazit: Für ein romantisches Dinner mit Klasse oder freundschaftliche Zweisamkeit bei ein paar Getränken mehr ist „Lost in Wedding“ nicht der richtige Ort. Die Kreativen, die fremden Menschen gern nah sind, die keinen großen Hunger haben, aber Lust auf neue Bekanntschaften in einer fancy Atmosphäre, denen können wir das Stattbad Wedding am Dienstagabend schon empfehlen. Unser Highlight des Abends war allerdings das große Fassbier für zwei Euro fuffzig in der Eckkneipe, das wir uns auf dem Heimweg genehmigt haben.
„Wer, wie ich, keine Ahnung hat, was diese Paradeiser sein sollen: Mich erwarteten auf meiner Vorspeisenplatte schlicht Tomaten.“
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