Wir steigen aus der U-Bahn an der Prinzenstraße aus – Die Sonne scheint und in der Luft liegt ein leichter Dönerduft. Kein Wunder, denn wir treffen uns mit dem Rapper Dazzle bei einem seiner Hauptversorger: Haruns Dönerladen. Dazzle, der eigentlich David heißt, ist in Kreuzberg geboren und aufgewachsen. „Und ich bin immer noch hier. Allerdings bin ich auf die andere Seite des Kanals gezogen. Früher war ich 61, weil ich am Südstern gewohnt habe, jetzt eben 36.“
Der Kanal ist dem jungen Rapper auch schon zum Verhängnis geworden. „Ich war betrunken und habe gesagt: Wenn einer reinspringt, mache ich das auch.“ Zu seinem Pech fand sich eine Freiwillige und er musste dann auch rein und landete auf einem Fahrradreifen. Es gab zwar keine Verletzungen, aber der Drang zu Duschen war dann doch sehr groß.
Nur wenige Meter von der U-Bahnstation Prinzenstraße entfernt befindet sich das Aufnahmestudio vom Beste Label – das teilt sich Dazzle unter anderem mit Labelkollegen BRKN. Die beiden lernten sich beim Fußballverein Berliner Amateure kennen, da waren sie gerade einmal 7 Jahre alt, erzählt Dazzle. Ebenso früh ging es bei ihm mit dem rappen los. „Ich habe schon in meinem Kinderzimmer aufgenommen. Damals habe ich mir mit Decken in meinem Schrank eine Gesangskabine gebaut, das war schon ganz lustig.“ Seine Mutter, eine Fotografin aus Kanada, war damals für seine Coverfotos zuständig.
Mit 14 den ersten Auftritt
Der Halb-Frankokanadier gründete dann unter anderem mit BRKN die WBR-Crew. Mit 14 Jahren hatten sie ihr erstes gemeinsames Konzert im Statthaus Böcklerpark, einem Jugendzentrum. „Ich weiß noch, dass wir Geld bezahlen mussten, um dort auftreten zu dürfen. So wichtig waren wir damals (lacht).“ Zu der Zeit hörte Dazzle oft Songs von Snoop Doog, der verhalf ihm auch zu seinem Namen. Denn wer den US-Rapper kennt, weiß, dass er slangtechnisch fast überall ein –izzle drangehängt hat. „Wenn man David shizzlet, dann kommt Dazzle raus“, so der 26-Jährige. Auf Englisch bedeutet das Wort „blenden“. Das weiß der sympathische Rapper für sich zu nutzen: „Jetzt kann ich einfach sagen, ich bin blendend.“
Im Studio angekommen setzt sich Dazzle gleich an die zuletzt aufgenommen Songs. Schließlich hat er viel vor. Sein zweites Album Das wunderbare Leben des David N. erschien erst am 10. März. Das ist aber für ihn kein Grund sich auszuruhen – Dazzles ambitioniertes Ziel: 2018 soll die nächste Platte erscheinen. Sechs Songs sind schon fertig. „Wenn das Album draußen ist, dann sieht man direkt die Fehler oder was man jetzt anders machen würde. Das ist für mich die inspirierendste Phase, wenn man wieder von Null anfängt.“
In einer Ecke stehen etliche Gitarren und auch eine Elektro-Orgel, die die Jungs vom Beste Label bei einer Wohnungsauflösung erstanden haben. Richtig laut dürfen die Musiker allerdings erst ab 18 Uhr werden, da sich das Studio unter einem Kindergarten befindet. Schon mit 20 fing Dazzle an, Gitarre zu spielen. Damit bewaffnet ging es im Sommer gerne mal auf Wohnmobil-Tour, um gemeinsam mit Kumpels Straßenmusik zu machen. Dabei bereisten sie bis zu 14 Städte. Die Liebe zur handgemachten Musik brachte ihm auch einen Spot als Vorband bei der Alligatoah Akustik-Tour ein. Übrigens sein aktuelles Album spielte Dazzle mit seiner eigenen sechsköpfigen Band ein.
Handy wurde schon mal abgezogen
Fast gegenüber vom Studio befindet sich Dazzles aktueller Praktikumsplatz: das Mehrgenerationenhaus Wassertor. Hier arbeitet der 26-Jährige mit Jugendlichen an Musikprojekten oder bringt ihnen den richtigen Umgang mit Medien bei. Denn als Plan B zur Musik studiert Dazzle Soziale Arbeit. „Darüber hat sich mein Vater doch sehr gefreut.“ Allerdings unterstützen seine Eltern seine Ambitionen, irgendwann von der Musik leben zu können.
Beim Umgang mit den „Kiddies aus dem Kiez, sehe ich mich selbst vor 10 Jahren„, sagt der überzeugte Kreuzberger weiter. Es war aber nicht immer ein Zuckerschlecken gerade hier groß zu werden. So wurde ihm zum Beispiel öfter mal sein Handy gestohlen. „Wenn du als kleiner 14-Jähriger mit Baggy’s rumgelaufen bist, warst du leichte Beute.“
Mit seinem Song Tourieladies spricht er auf seinem Album auch ein allgegenwärtiges Thema in Kreuzberg an: die Gentrifizierung. Aber eben auf seine ganz eigene Art. Es gebe zwar nicht viele positive Aspekte, „aber ich habe einen gefunden, und zwar das hübsche Touristinnen herkommen und man ihnen die Stadt zeigen kann. So in dem Sinne: You can come to my place.“ Hat er da Erfahrung? Zu Singlezeiten definitiv, allerdings ist Dazzle nach eigener Aussage mittlerweile vergeben.
Trotz Veränderungen im Kiez würde er Berlin nicht den Rücken kehren. Er plädiert lieber für ausgedehnte Auslandsaufenthalte. So verschlug es ihn für ein freiwilliges soziales Jahr nach Kamerun. Dort entstand sogar sein Debütalbum Schlechter Einfluss. Die Songs produzierte er mit seinem Freund 2P in einer Wellblechhütte, nur mit einem Mischpult, einem Mikrofon und ein paar Boxen. Ein anderes Mal ging es nach Indien in ein Kloster. Hier sprach er ganze zehn Tage kein einziges Wort. Was macht das mit einem? „Es war entspannend und gleichzeitig anstrengend. Es ist ein Konzentrationstraining und man hat danach einen sehr ruhigen Geist.“
Den hat der 26-Jährige nicht immer. Wenn er feiern geht, zieht es ihn oft ins Prince Charles oder in die Beste Bar nach Wedding. Da bekommt er natürlich Rabatt oder trinkt for free. Seine absolute Lieblingskneipe ist die Schmitz Katze. Hier spielt er leidenschaftlich gerne Billard. Die hat heute leider noch zu, dafür gönnen wir uns Apfelsaftschorle vom Späti.
Essen mit Zimt versaut
Mit dem Kochen hat er es dagegen nicht so. Bei einem Versuch verwechselte Dazzle aus Versehen Currypulver mit Zimt. Seitdem hat er eine kleine Aversion gegen das Gewürz. Zimtschnecken mag er aber immer noch. Viel lieber zieht es ihn zum Vietnamesen Green Rice in die Adalbertstraße, ins arabische Lokal Rissani am Görli oder zum Sudanesen Nil am Schlesi. „Der macht überall Erdnusssoße rein, das ist toll.“
Am Ende unserer X-Berg-Tour landen wir dann noch bei den Skatern am Landwehrkanal. Das hat Dazzle auch mal gemacht: „Einen Ollie bekomm ich hin!“ Auf seinem Schienbein hat er mehrere Narben. Ein paar vom Parcours und eine von einem Auftritt, als er von der Bühne sprang und mit dem Fuß in einem Glas landete. Ganz schön gefährlich dieses Rapper-Dasein. Gibt es Alternativen? Darüber hat er noch nie richtig nachgedacht, wenn dann aber Comedian. „Ich mag das, glaub ich, irgendwas Künstlerisches zu machen.“ Also egal was passiert, er wird wieder vor dem Mikrofon landen und das ist auch gut so.
Du möchtest Dazzle einmal live erleben? Dann komm zum Karneval der Kulturen und check seine Rapskills am 3. Juni auf der Eurasia Bühne um 17.50 Uhr. Im Sommer sind mehrere Festival-Auftritte geplant. Up-to-Date bleibst du auf jeden Fall auf Dazzles Facebookseite. Schon am 25. März steigt die Beste Deutschrap Party, bei der du dem sympathischen Rapper vielleicht sogar über den Weg läufst.