Schlosspark Schönhausen

Seltener Käfer macht Pankow Sorgen

Bedrohte Art: Der Heldbock, auch Eichenbock genannt, ist heimatverbunden und fühlt sich in Pankows Bäumen wohl.
Bedrohte Art: Der Heldbock, auch Eichenbock genannt, ist heimatverbunden und fühlt sich in Pankows Bäumen wohl.
Der Heldbock ist vom Aussterben bedroht und fühlt sich ausgerechnet in den alten Eichen im Schlosspark Schönhausen wohl. Um ihn zu schützen, müssen sich Pankows Bürger auf Sperrungen in der Grünanlage einstellen.

Wer sich in den schwülwarmen Nächten dieses Sommers in den Schlosspark Schönhausen aufmacht, wird nicht nur durch die Temperaturen an tropische Gefilde erinnert: Immer wieder fliegen stattliche Insekten von bis zu fünf Zentimetern Körperlänge mit lautem Flügelschlag an den Köpfen der Besucher vorbei. Das geflügelte Tierchen mit den langen Fühlern gehört der seltenen Gattung der Heldböcke an – und stürzt die Pankower Verwaltung derzeit in einen Gewissenskonflikt.

Für die Einwohner im dicht besiedelten Pankow stellt der Schlosspark Schönhausen eines der beliebtesten Ausflugsziele dar. Die alten Eichen, die einen Großteil seines Charmes ausmachen, müssen deshalb regelmäßig gestutzt werden. Andernfalls laufen spielende Kinder und Spaziergänger Gefahr, von herabfallenden Ästen getroffen zu werden.

Heimatverbundener Käfer

Mit diesem Eingriff werden jedoch die Bestände des Heldbocks gefährdet. Der bedrohte und streng geschützte Käfer lebt mit Vorliebe in dem morschen Holz alter Eichen und trägt mit seinen Bohrungen im Geäst zum Tod der Bäume bei. Ein Forstarbeiter berichtet, dass das Insekt deshalb früher auch als „großer schwarzer Wurm“ bezeichnet worden sei. Heute würden die Käfer allerdings nicht mehr als Schädlinge gelten: „Sie sind die Totengräber, aber nicht die Mörder.“

Auf dem gesamten Gebiet der Hauptstadt sind lediglich vier Brutstätten des Heldbocks bekannt. Sie liegen im Grunewald, auf der Pfaueninsel – und in den Pankower Parkanlagen von Buch und Schönhausen. In letzterem bemühen sich lokale Sperrungen um den Schutz des Käfers. Werden nämlich seine Heimat-Bäume gefällt, bedeutet das für den ortstreuen Käfer den Tod.

Obwohl der Naturschutzbund Nabu den Bezirk Pankow bereits mehrfach zur Ausarbeitung eines langfristigen Konzeptes zur Wahrung der Interessen von Käfer und Besucher aufgefordert habe, seien bisher keine Verbesserungen eingetreten. Noch immer stutze man die Eichen – ohne einige morsche Stellen für den Heldbock zurückzulassen, so Nabu-Sprecherin Anja Sorges. „Im Moment sind wir wachsam und gucken, dass nicht weiter an den Bäumen herumgeschnippelt wird.“ Weitere Gespräche scheinen allerdings „vom Bezirksamt gar nicht gewünscht zu sein“.

Bürokratische Hürden

Die verworrene Zuständigkeitsfrage scheint einer Lösung der Käfer-Problematik zusätzlich im Weg zu stehen. Das Tiefbauamt muss für die Verkehrssicherheit Sorge tragen, die Bäume liegen im Zuständigkeitsbereich des Umweltamtes und die Gestaltung des Parks obliegt dem Denkmalschutz. Außerdem kümmert sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit der Obersten Naturschutzbehörde um Tiere auf der Roten Liste. Bedrohte Arten haben dabei ein gesetzlich verbrieftes Recht auf langfristige Rettung. Mit finanziellen Zuschüssen wäre dem Heldbock aufgrund seiner hohen Ansprüche allerdings nicht geholfen – eine Umsiedelung auf andere alte Eichen ist in seinem Fall nicht möglich.

Man sei sich der Dringlichkeit der Frage bewusst, könne den schwierigen Konflikt aber derzeit noch nicht lösen, so die Pankower Stadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD). In einer gemeinsamen Gesprächsrunde habe man sich bereits darauf geeinigt, dass der Nabu alle zuständigen Ämter an einem Tisch versammeln solle.

Der Senat setzt ebenfalls auf den Naturschutzbund. Petra Rohland von der Stadtentwicklungsverwaltung sicherte „weitere Gespräche“ zu. Man habe dem Nabu außerdem empfohlen, ein „EU-Life“-Projekt zum Schultz des Heldbocks zu beantragen.

Der Naturschutzbund verzweifelt jedoch zunehmend an den bürokratischen Hemmnissen, die einer Lösung im Sinne des bedrohten Käfers im Weg stehen. Langfristig werde es sich wahrscheinlich nicht vermeiden lassen, Teile des Schönhausener Parks langfristig zu sperren – auch wenn der Schritt bei vielen Bürgern auf Ablehnung stoßen dürfte.

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Quelle: Der Tagesspiegel

Schloss Schönhausen, Tschaikowskistraße 1, 13156 Berlin

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