Zigarette trifft Design
Was verbindet nun Bernhard und Mandelbaum im Berlin des Jahres 1910? Während Lucian Bernhard (eigentlich Emil Kahn, *1883 Cannstadt , + 1972 New York) vermutlich vielen durch seine Schriftgestaltung auch heute noch bekannt ist, dürfte der Name „Manoli“ bald in Vergessenheit geraten sein. Lucian Bernhard studierte an der Münchner Kunstakademie, übersiedelte dann 1901 nach Berlin, wo er für die Plakatdruckerei Hollerbaum & Schmidt das sogenannte „Berliner Sachplakat“ erfand: eine völlig neue versachlichte Bildsprache, die unter Weglassung alles Unnötigen sofort einen assoziativen Zusammenhang zwischen Produkt und Schrift erreichte. Die von Bernhard geschaffenen Schriftzüge für Produkte von Bosch, Kaffee Hag oder Pelikan werden heute noch benutzt.
Der aus der Nähe von Krakau stammende deutsche jüdische Unternehmer Jakob Mandelbaum gründete 1894 die Manoli-Zigarettenfabrik in Berlin, die 1904 bereits 200 Angestellte beschäftigte. Die heute noch erhaltenen Josetti-Höfe in der Rungestrasse in Mitte waren seit 1907 Produktionsort. 1910 engagierte Mandelbaum Lucian Bernhard als Designer für die Manoli-Packungen. Bernhards Entwürfe stellten das mondäne Berliner Leben dar, Klassiker der Reklamekunst entstanden. Die Ästhetisierung von Warenkultur und Werbestrategie in der industriellen Massenproduktion war beispielhaft.
„Der ist Manoli!“
Kurt Tucholsky dichtete 1920: „Die meisten Menschen haben heut ein kleines Rad. / Total Manoli! Total Manoli! / Such dir mal wen in ganz Berlin, der das nicht hat. / Tanz des Geschlechts um Manoli rechts rum, / die ganze Erde tanzt von früh bis abends spät / stets um das Dings rum, Manoli links rum! / Ihr seid doch alle, alle, alle etwas durchgedreht.“ Rudolf Nelson entwickelte aus diesem Gedicht seine legendäre Revue „Total Manoli!“, die 1920 mit dem Kabarettisten Fritz Grünbaum und der Tänzerin Lucie Berber am Kurfürstendamm gezeigt wurde.
Dieser Text wurde uns zur Verfügung gestellt vom Blog Berlin ab 50, einem Portal für die Generation der Best Ager – und alle anderen interessierten Leser und Schreiber.