Tiergarten - Diesmal werfen unsere Freunde vom Blog "Berlin ab 50" einen interessanten Blick in die Vergangenheit. Schließlich weiß heute kaum noch jemand, dass das berühmte Apotheken-Logo einst von einem Berliner entworfen wurde.
Das rote Apotheken A, das uns heute so häufig begegnet, hatte 1936 der Berliner Gebrauchsgrafiker Ernst Paul Weise (1890-1981) beim „Amt für Werbung“ der Deutschen Apothekerschaft als Wettbewerbsbeitrag eingereicht und damit den 1. Platz errungen. Doch die damit verbundene Popularität hatte schwerwiegende Konsequenzen für ihn: Da er mit einer Jüdin verheiratet war, wurde er zwei Wochen nach der Preisverleihung aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen und erhielt Berufsverbot.
Das im Entwurf von Weise ursprünglich vorgesehene weiße Kreuz wurde allerdings gegen die Man-Rune (Lebensrune) der NS-Ideologie ausgetauscht und ab 1937 war jede Apotheke durch die Reichsapothekerkammer angehalten, das neue Signet – heute würde man Logo sagen – zu benutzen. Der Hinweis auf den Urheber des Symbols wurde getilgt, das Preisgeld einbehalten. Das „gestohlene“ Signet durfte nach 1945 wegen des Verbots von NS-Runenzeichen nicht mehr verwendet werden. 1951 wurde nach dem Austausch der Rune gegen Kelch und Schlange, den Symbolen des Gottes der Heilkunde, das Apothekensignet zum Kennzeichen der Apotheken in der Bundesrepublik Deutschland.
Wie kam es überhaupt dazu, dass die Apotheken ein einheitliches Werbesymbol wünschten?
Mit der industriellen Massenfertigung von Konsumgütern- und damit auch von Arzneimitteln- begannen die Apotheker am Beginn des 20.Jahrhunderts ein eindeutiges und unverwechselbares Warenzeichen zu suchen, dass sie von anderen Geschäften wie z.B. Drogerien abgrenzte. Das rote Kreuz auf weißem Grunde war verbreitet, wurde aber von der Schweiz als Hoheitszeichen reklamiert. So gab es seit Mitte der 20iger Jahre eine Reihe von Grafik-Wettbewerben mit dem Ziel ein unverwechselbares und eingängiges Signet zu schaffen.
Das 1930 aus einem derartigen Entwurf als Sieger hervorgegangene „Drei-Löffel-Emblem“ war ein Entwurf des Bauhaus Schülers Rudolf Weber. Es setzte die bekannte Verordnung „Dreimal täglich“ um. Bis 1935 nutzten ca. 30 Prozent der Apotheken das Signet, ohne dass es sich aber insgesamt bei den eher konservativen Apothekern durchsetzen konnte. Dann kam es zu dem oben erwähnten Wettbewerb, bei dem unter 488 Einsendungen Paul Weise gewann. Der bestohlene Designer musste allerdings noch bis 1971 warten, um sein Preisgeld von 1936 (2000 DM) von der Bundesapothekerkammer zu erhalten. Auch ein Stück deutscher Vergangenheitsbewältigung!
Ernst Paul Weise hatte sein Atelier seit 1925 am Breitenbachplatz 12 in Dahlem und wohnte dort bis zu seinem Tode 1981.
Dieser Text wurde uns zur Verfügung gestellt vom Blog Berlin ab 50, einem Portal für die Generation der Best Ager – und alle anderen interessierten Leser und Schreiber.