Die Kaserne, die hier besungen wird, war die Gardefüselier Kaserne in Chausseestraße. Der Verfasser: Hans Leip. Er musste dort 1915 Wache schieben, und dabei sind ihm diese Zeilen eingefallen. Ob die Laterne eine Aufsatzleuchte, eine Hänge- oder Schinkelleuchte war, das weiß ich nicht und auch nicht, ob sich das rekonstruieren lässt. Aber eines ist gewiss: Es war eine Gaslaterne. Und um eben dieses Berliner Kulturgut geht es. Denn es ist akut gefährdet und – zu einem guten Teil – auch schon der Rationalisierung und Kostenreduktion zum Opfer gefallen.
Berlin war einmal eine Stadt der Gaslaternen. Es war zwar London, das 1807/1808 die ersten Gaslaternen als Straßenbeleuchtung aufstellte, aber unsere Stadt gehörte zu den ersten Städten in Deutschland mit einer eigenständigen Gasindustrie. Allerdings: Welche Stadt nun tatsächlich als erste die Gaslaternen-Straßenbeleuchtung großflächig einsetzte – das ist wohl nicht ganz geklärt. Aber was soll’s: Berlin war auf jeden Fall ganz vorn mit dabei.
Denn: Mehr als die Hälfte der weltweit betriebenen Gaslaternen stehen bzw. standen(!) hier. Noch bis vor kurzem waren es erstaunliche 44.000! Hätten Sie auch mit einer solch hohen Zahl gerechnet?
Das Gaslaternen-Freilichtmuseum
All dies ist in Gefahr – nicht in Zukunft, sondern schon jetzt. Fast alle Gaslaternen sollen umgerüstet und auch die rund 8.000 Gasreihenleuchten sollen bis 2018 „entsorgt“ werden. Ganzen 3.300 Laternen gewährt man Gnade – wohlgemerkt von 44.000! Und das obwohl der World Monuments Funds die Berliner Gasbeleuchtung in die Rote Liste der bedrohten Denkmäler aufgenommen hat. Aber die Ignoranz, was scheren uns die Roten Listen, kennen wir zur Genüge.
Und eigentlich ist es ja merkwürdig: Auf der einen Seite wird das Schloss wieder aufgebaut und damit der Historie gehuldigt. Auf der anderen Seite wird eben diese Historie entsorgt, wegrationalisiert. Auf der einen Seite argumentiert man mit dem Tourismus, für den das Schloss ein Magnet sein soll. Auf der anderen Seite wird übersehen, wie sehr die Besucher die Gaslaternenbeleuchtung lieben. Verstehe, wer mag.
Das Kostenargument
Klar ist, dass die Umrüstung nicht gerade zur Vermeidung der Lichtverschmutzung beiträgt. Ja, die gibt es nämlich auch und sie ist sowohl für Mensch als auch Tier ein Problem. Es gäbe noch viel zu erzählen über unsere Gaslaternen und den Kampf um sie. Zum Weiterlesen empfehle ich www.gaslicht-kultur.de.
Warum ich gerade jetzt das Thema aufgreife? Anfang Dezember des letzten Jahres (noch schreibt sich das merkwürdig: eben gerade war es noch dieses Jahr, jetzt ist es zum vergangenen geworden) haben noch einmal 140 Geschäftsleute aus der Bleibtreu- und Giesebrechtstraße einen Brief an den jetzigen Regierenden Bürgermeister, Michael Müller, geschrieben und ihre Klage vorgetragen. Ob sie Erfolg haben wird? Nein, soviel Optimismus bringe ich auch im neuen Jahr nicht auf.
Und wie ging es mit „Lili Marleen“ weiter? Erst einmal war es ein fürchterlicher Flop. Nur wenige Platten wurden verkauft. Dann aber, durch einen glücklichen Zufall, wurde das Lied populär, über die Maßen: „Lili Marleen“ (wegen der Anfangszeilen wird es auch „Laternenlied“ genannt) wurde zu einem internationalen Soldatenlied (sehr zum Ärger der nationalsozialistischen Führung). Und auch nach Ende des Krieges setzte das Lied seinen Weg fort. Mit jedem Krieg, ob es um Korea, Vietnam, Israel ging, erlebte es eine Wiedergeburt.
Das Lied wird also nicht in Vergessenheit geraten. Ob es Berlin gelingt, als Stadt der Gasbeleuchtung zu gelten: Was meinen Sie?
Dieser Text wurde uns zur Verfügung gestellt vom Blog Berlin ab 50, einem von fünf Berlinerinnen initiierten Portal für die Generation der Best Ager – und alle anderen interessierten Leser und Schreiber.