Neubritz - Genau auf der Grenze zwischen Neukölln und Tempelhof zerschneidet die Autobahn A100 die Stadt. Die ganze Stadt? Nein, ein 1,7 Kilometer langes Teilstück wurde im Jahr 2000 wohlweislich unterirdisch verlegt. Auf der Tunneldecke entstand eine Grünfläche, die berlinweit einzigartig und doch relativ unbekannt ist. Wir haben dem Carl-Weder-Park einen Besuch abgestattet.
Rund um den etwa sieben Hektar großen Park, der um die Jahrtausendwende in drei Bauabschnitten fertiggestellt wurde, zeigt sich die Stadt auf den ersten Blick nicht gerade von ihrer schönsten Seite. Richtung Tempelhof prägen Autohäuser, Großmärkte und andere Gewerbeeinrichtungen das Bild, auf dem Mariendorfer Weg braust der Verkehr Richtung Zentrum Hermannstraße und auf einem Gehsteig fangen ein paar Neuköllner Jugendliche gerade eine Schlägerei an. Erst auf einem kleinen Fußmarsch durch die Nebenstraßen kommt einem der Gedanke, dass es sich hier doch ganz nett leben lassen könnte. Potenzial hat das Gebiet in jedem Fall. Neben vielen Neu- gibt es auch einige schöne Altbauten, eine gute Infrastruktur mit fixer Anbindung an die Innenstadt ist ohnehin gegeben – und das Grün des Carl-Weder-Parks lockt zu einem spätsommerlichen Spaziergang.
An diesem Mittwochnachmittag hat sich jedoch nur eine handvoll Leute in die Grünanlage verirrt, die neun Jahre nach ihrer Eröffnung erneut an die Bedürfnisse der Anwohner angepasst wurde. An manchen Stellen ist die etwa zwei Kilometer lange, begrünte Ost-West-Achse bei unserem Besuch sogar völlig menschenleer. „Am Wochenende oder in den Ferien kann es vor allem auf den Spielplätzen schon mal ein bisschen voller werden, aber eigentlich geht es hier immer recht entspannt zu“, berichtet uns eine Anwohnerin, die den Park gerne für Gassi-Gänge mit ihrem Hund nutzt. Ohnehin sind es an diesem schönen Tag vor allem Hundebesitzer, die den Park zum Relaxen und Umherschlendern nutzen. Von daher zeigt sich der Park bei unserem Besuch tatsächlich von seiner schönsten Seite: sonnendurchflutet, einsam und abwechslungsreich.
Städtebaulich wurde die Anlage in zwölf Abschnitte gegliedert. Neben mehreren schönen und aufwändig gestalteten Kinderspielplätzen gibt es verschiedene Sportanlagen beispielsweise für Beachvolleyball oder Tischtennis, einen „Garten der Ruhe“, ein Kiefernwäldchen mit vielen Rückzugsmöglichkeiten oder auch eine Obstbaumwiese. Vom Verkehr, der unter den Füßen der Besucher durch den Autobahntunnel Britz braust, bekommt man wirklich überhaupt nichts mit. Lediglich westlich der Gottlieb-Dunkel-Straße und östlich der Rungiusstraße kann man, wenn man möchte, einen Blick auf die ein- und ausfahrenden Fahrzeuge erhaschen. Nicht nur mit Hunden, sondern auch mit Kindern fühlt man sich hier fast nicht wie im armen Neukölln. Schließlich sind alle Spielgeräte in einem Top-Zustand, der Boden ist zum Teil mit einem weichen Belag bedeckt, so dass keine Blessuren entstehen können und es gibt sogar einen tollen Wasserspielplatz mit Pumpe, kleinen Dämmen und einem Schaufelrad. Kinderherz, was willst du mehr?
Zum Quartier: Das Neubritz genannte Gebiet rund um die Wederstraße – wie der Park benannt nach „Gründervater“ Carl Weder, der Mitte des 19. Jahrhunderts Flächen zwischen den Ortschaften Rixdorf und Britz an Handwerker und Kleinbürger verkaufte – ist seit 1995 Sanierungsgebiet. Wohnungsbau und die bessere Erschließung vorhandener Potenziale werden angestrebt. Auch die „Werkstatt für Veränderung“, die von 2003 bis 2010 im neuen Carl-Weder-Park durchgeführt wurde, war Teil dieser Entwicklung. Seit einiger Zeit geht die Werkstatt an neuem Standort in der Rungiusstraße weiter. Bis zum 5. September beispielsweise wird ein „glamouröses Tanzstück“ mit Kindern und Jugendlichen eingeübt.