Was ein richtiger Punker ist, der kümmert sich nicht um so Pillepalle wie das Alter. Alt sieht man früh genug aus. Aber 36, eh, das ist schon was, besonders in SO36. Durchgehalten, überlebt! Das können in der O-Straße nicht mehr viele von sich behaupten, und vor allem nicht, seit verschärft gentrifiziert wird im historischen Zustellbezirk der Post.
So viel zum Thema kritischer Kontinuität und genauem Hinsehen in einem Bezirk, der Anfang der 80er Jahre so aussah, als wäre der Krieg gerade erst zu Ende gegangen. Damals hätten alle eigentlich froh sein müssen um jeden fest angestellten Gehaltsempfänger, der freiwillig in die Anarchorepublik rund um den Heinrichplatz ziehen oder dort Geld ausgeben wollte. War man aber nicht, wie die Hönkel-Aktion mit dem Fäkalien-Eimer gegen das Restaurant „Maxwell“ bewies.
Kiezgeruch aus den Bodenritzen
Aber der Punk hat sieben Leben, und wie viele das SO36 davon schon verbraucht hat, hat glücklicherweise niemand so richtig gezählt. Deswegen ist auch unklar, ob der Club nun wirklich 36 oder 35 ist oder eigentlich noch jünger. Denn zwischendurch übernahm hier mal ein türkischer Hochzeitssaal-Betreiber oder herrschte gänzlich tote Hose, weil die Polizei oder der Bezirk das Lokal zwischenzeitlich dichtmachten und die Fassade zugemauert wurde. Dazwischen: ein Programm so bunt wie die Gäste und ein bis heute unverwechselbarer Kiezgeruch aus den Bodenritzen.
Heute hat die immer noch vom Kollektiv geführte schepprige Konzerthalle längst die Generation der Zwanzigjährigen erobert, die von Bierdosenorgien und regelmäßigen Blaulichteinsätzen nur noch von ihren Müttern und Vätern wissen. Dass es nun sogar eine „After Work Rollerskate-Disko“ gibt, geschenkt! – Arbeiten gehen, da hätte man früher drüber gelacht. Dafür gibt es ab Herbst wieder regelmäßig Kiezbingo. So macht Altwerden Spaß.