Draußen schien die Frühlingssonne und ich quälte mich in meinem Elfenbeinturm mit meinem neuen Buch herum. Nichts gelang mir und meine Worte die ich schrieb, waren wie aus Brotteig. Mit anderen Worten: mein Akku hatte nur noch 3 Prozent. „Da hilft nur ein Frühlingsspaziergang“, meinte meine Bekannte aus dem Grunewald und drückte mir meinen Flanierstock in die Hand. Nach einem Abstecher zum beschaulichen Lietzensee beschlossen wir, pünktlich zur Kuchenzeit, das nahegelegene Café Kredenz zu besuchen.
Wir waren beeindruckt von der liebevoll-skurrilen Einrichtung, einer Mischung von Gelsenkirchener Barock und Schloss Bellevue. Hier kann man wunderbar für ein paar Stunden der hektischen Zeit entrinnen und bei dezenter Jazzmusik Torte auf schönem Oma-Geschirr genießen. Serviert von der sympathischen und stets elegant gekleideten Chefin Maria.
Meine Bekannte aus dem Grunewald wählte die Knusprige Himbeertorte (3,50 Euro), die farblich sogar zu ihrem Kostüm passte. Nach dem ersten Probieren kam nur ein parisisches „Magnifique!“ von ihren schönen Lippen. Ich hatte mir die Schokotorte (3,60 Euro) ausgesucht, die in ihrem schokoladigen Braunton perfekt mit meiner Garderobe harmonierte. Sie schmeckte ebenfalls hervorragend – ein Weinkenner würde sagen: körperreich aber sehr geschmeidig. Die angenehme Süße vermählte sich wunderbar mit einer leicht säuerlichen Johannisbeerkonfitüre. So muss Torte schmecken! Nicht umsonst wurde das Café von der Zeitschrift Der Feinschmecker 2014 zu einem der besten Cafés Deutschlands gekürt.
Wenn man sich nach dem Tortengenuss im Gastraum umschaut, entdeckt man hie und da kleine interessante Skulpturen, Bilder und witzige Accessoires. In diesem Ambiente bekamen meine Bekannte und ich plötzlich neue Ideen für zukünftige Kunstprojekte und in mir stieg langsam wieder die Lust auf, an meinem Buch weiterzuarbeiten. Als wir nach einer Weile auf die hektische Kantstraße heraustraten, war mein Akku wieder auf 100 Prozent!