Meine Bekannte aus dem Grunewald ist eine hervorragende Köchin! Da sie mich schon oft bekocht hat, wollte ich mich vor ein paar Tagen revanchieren. Doch manchmal soll es nicht sein: Ich schnitt mir mit dem neuerworbenen Tomatenmesser derart heftig in den Finger, dass an ein Weiterkochen nicht zu denken war. Glücklicherweise fiel mir ein Gutschein vom Restaurant Lubitsch ein, der mir auf der letzten Berlinale überreicht wurde und seitdem auf meinem Schreibtisch herumlungerte.
Wir fuhren also in die Bleibtreustraße, die früher von den Berlinern auch „Bleistreustraße“ genannt wurde, weil sich hier im Jahre 1970 zwei rivalisierende Zuhälterbanden eine spektakuläre Schießerei mit einem Toten und drei Schwerverletzten geliefert hatten.
Im geschmackvoll eingerichteten Lubitsch empfing uns eine angenehme Atmosphäre mit dezenter Jazzmusik der 30er Jahre. Überall frische Blumen. Benannt wurde das Restaurant nach dem in Berlin geborenen, deutsch-amerikanische Filmregisseur, Schauspieler und Oscarpreisträgers, Ernst Lubitsch (1892-1947). Er ist der Schöpfer des Komödienklassikers „Sein oder Nichtsein“. Gegenüber des Restaurants befindet sich passenderweise das Kino Filmkunst 66. Bestimmt kein Zufall. Da Ernst Lubitsch nur Schwarz-Weiß-Filme drehte, hatten wir uns als Huldigung stilecht schwarz-weiße Kleidung angezogen (mit Ausnahme meines Flanierstocks).
Kein Katzentisch
Wir wurden von einem sympathischen Kellner freundlich begrüßt. Kleinlaut teilten wir ihm mit, dass wir beabsichtigten, den Gutschein über das Menü für zwei Personen einzulösen. Das war uns etwas peinlich, denn wir kamen uns ein wenig wie zwei Schnorrer vor. Doch den Kellner schien das nicht sonderlich zu stören und er bot uns einen wunderbaren Tisch mitten im Restaurant an. Keinen Katzentisch für geizige Gutscheineinlöser, wie wir ursprünglich vermutet hatten.
Nach einem vorzüglichen Crémant Rosé als Begrüßungsgetränk, bekamen wir den ersten Gang. Eine Blumenkohl-Karotten-Mangocremesuppe mit Kokosschaum. Sie war sehr anmutig angerichtet und schmeckte sensationell gut! Meine Bekannte hauchte nur das Wort „Göttlich!“. Zu Recht! Zum Hauptgang wählte sie ein hübsch angemachtes Rote-Beete-Risotto mit Spinatsalat und Ziegenfrischkäse. Ein Blick in das Gesicht meiner Begleitung verriet mir, dass sie dem Gourmethimmel recht nahe war. „Délicieux!“
Mir wurde das Ragout vom Weiderind in Barolosauce an knusprig angebratenen Serviettenknödel und buntem Gemüse serviert. Es war ausgezeichnet, weil zart, fein, saftig und mit dem knackigem Gemüse nett dekoriert. Ebenfalls überzeugen konnte uns das herrlich schokoladig schmeckende Dessert Mousse au Chocolat, das ein abstrakter Künstler nicht besser hätte gestalten können.
Zum Essen gab es übrigens einen vorzüglichen Chardonnay. Nach dem dritten Glas nahm ich mir vor, eine Petition ins Leben zu rufen, in der Tomatenmesser unter das Kriegswaffenverbotsgesetz fallen.