Es gibt für mich kein schöneres Geräusch, als das Klappern von Tortengabeln nachmittags um drei. Für mich ist das ein tägliches Ritual, ein Kaffeehaus aufzusuchen. Ein Tag ohne Torte ist wie ein Schiff ohne Kompass. Ich nenne es „Konditern“, seit ich einmal das wunderbare Couple von Claire Waldoff „Warum soll er nich mit ihr konditern geh’n“ erstmals gehört habe. Ich bin sehr stolz darauf, dieses alte Wort wieder aktiviert zu haben, denn seit ich es benutze, taucht es plötzlich in den Überschriften diverser Szenezeitungen wieder auf.
Was Neues für den „Tortengraf“
Nun kam mir zu Ohren, dass ganz in meiner Nähe ein neues Café namens Pâtisserie Sarina eröffnet hatte. Hocherfreut, neugierig und gutgelaunt suchte ich es auf. Von der Einrichtung her fand ich es schon mal sehr ansprechend und gemütlich. Es gab ein großes Angebot an hübschen Törtchen und ich konnte mich fast gar nicht entscheiden. Auf einer Tafel entdeckte ich, dass es auch Baguettes gab. Sie hatten lustige Namen wie „Ziegi“, „Parmi“, „Büffi“ und „Veggie“. Ich musste schmunzeln. Aber ich wollte etwas Süßes. Schlussendlich wählte ich eine Kreation aus Quarkmousse mit Passionsfrucht für 3,80 Euro. Dazu einen Cappuccino. Dann setzte ich mich erwartungsvoll draußen in die Sonne.
Ich erklärte ihr, dass dies eine Dessert- oder Vorspeisengabel sei, die mit ihren vier Zinken ausschließlich zur Aufnahme von Vor- und Nachspeisen dient. Eine Torten- oder Kuchengabel dagegen, auch Mittelgabel genannt, hat nur drei Zinken – und das aus gutem Grund. Denn mit dem an der Innenseite befindlichen linken Zinken, der einen halbmondförmigen Ausschnitt hat, kann man den Blätterteig oder mürben Tortenboden besser zerkleinern. Sie ist also eine Art Messerersatz. Leider ist Frau Sarina mit ihren Dessertgabeln in bester Gesellschaft. Auch in der kürzlich geschlossenen (vielleicht wegen der Gabeln?) Pâtisserie Harry Genenz, dem von mir geliebten Schlosshotel Grunewald, dem Romanischen Café im namhaften Waldorf Astoria oder dem weltberühmten Hotel Adlon gab bzw. gibt es leider nur Dessertgabeln. Für mich ein Faux Paux und nicht zu verstehen.
Die richtige Gabel kommt noch!
Diese Geschmackskomposition war nicht nur der Hammer, nein, sie war eine ganze Werkzeugkiste! Dieses Törtchen brachte meine Seele zum Schwingen und meine Geschmackspapillen zum Schwimmen. Als dann auch noch Frau Sarina sich für ein Selfie neckisch eine Blume zwischen Nase und Oberlippe klemmte, um mich, den „Tortengraf“ mit dem Menjoubärtchen zu parodieren, war meine gute Laune vollends wieder da. Ich nahm mir vor, noch sehr oft diese Pâtisserie heimzusuchen, nicht nur wegen der sehr sympathischen Chefin sondern auch, damit endlich die deplazierten Dessertgabeln durch richtige Tortengabeln ersetzt werden. Selbst wenn es Jahre dauert.
Und wenn ich mal alt wie Steinkohle bin und mich auf meinen Altersitz Gut Dünken zurückgezogen habe, werde ich meine Schwärmerei für die Tortengabel vertonen und eine Ode an die Tortengabel schreiben (inklusive das Klappern von Tortengabeln), die dann von allen großen Symphonieorchestern dieser Welt gespielt wird. Das wird ein Spaß!