„Erst willste nich‘ rinn – und wenne drinne bist, willste nich‘ mehr raus.“ So urteilte einst ein unbekannter Berliner Gast über eine Lokalität in Kreuzberg, die seit über 100 Jahren Kneipe ist und immer noch denselben Namen trägt. Nämlich „Yorckschlösschen“. Nur noch bei 17 anderen Berliner Kneipen ist das so. Unter dem Wirt Herrn Dähmlow – der übrigens auch der künstlerische Leiter des Bergmannstraßenfestes ist – gibt es hier schon seit über 36 Jahren Live-Jazz vom Feinsten. Viele namhafte Musiker standen hier schon auf der kleinen Bühne.
Da ich das Yorckschlösschen in vielerlei Hinsicht schon lange Jahre schätze (nicht nur wegen des herrlichen Biergartens im Sommer) und meiner Bekannten aus dem Grunewald schon viele Anekdoten von dort erzählt habe, entschloss ich mich endlich, dort mit ihr essen zu gehen.
Wir kamen aus dem wintergrauen Kreuzberg direkt hinein ins warme Yorckschlösschen und sofort hatten wir das Gefühl, als lege sich ein Farbfilter auf ein Schwarz-Weiß-Foto. In den skurril eingerichteten Räumen gibt es kaum eine Stelle, an der nicht ein altes Instrument, ein vergilbtes Plakat oder ein Bild hängt. Alles ist etwas schräg aber authentisch und schafft eine ungeheuer gemütliche Atmosphäre.
Abwechslungsreiche Küche mit Schnitzel, Maultaschen und mehr
Allerdings sprach der Blick meiner Begleitung Bände. Ich wusste sofort, was sie als Erstbesucher dachte: dass es in dieser urig-skurrilen Berliner Jazz-Kneipe sicher nur Sülze und Soleier gibt. Genau wie in den von Heinrich Zille gezeichneten alten Berliner Destillen. Doch weit gefehlt, wie ein Blick in die reichhaltige Speisekarte beweist. Neben dem berühmten Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln findet man auch Argentinisches Hüftsteak mit Kräuterbutter, Pommes de Luxe, Schwäbische Maultaschen oder Elsässer Flammkuchen – um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Meine Bekannte aus dem Grunewald wählte selbstverständlich die „Pommes de Luxe mit Garnelen und Cocktailsauce“ (6,80 Euro). Und ich? Torte? Nein. Obwohl viele Menschen glauben, ich wäre ein „Morte“ – halb Mensch, halb Torte, da ich täglich ein Stück Torte esse -, nehme ich auch sehr gerne einmal etwas Herzhaftes zu mir. Da ich schon den ganzen Tag ein gehöriges Hüngerchen mit mir herumschleppte, wählte ich die „Jam Session“ (14,80 Euro), bestehend aus einer kleinen Tagessuppe, Currywursthappen, Kartoffelsalat, Senf- und Delikatessgurken, Bouletten, Gurkensalat, Pumpernickeltaler und Butter. Eine Reise durch Berlin quasi.
Ein perfekter Burger trifft Kreuzberger Bier
Bedient wurden wir von einer flinken und sehr motivierten Kellnerin. Etwas größenwahnsinnig orderte ich bei ihr auch noch den Hamburger XL (7,90 Euro). Mit seiner feinen Schärfe und dem schmackhaften Rindfleisch war das wohl der beste Burger, den ich je gegessen habe. Dazu gab es perfekte Pommes und ein Kreuzberger Tag Bier, eine echten Brauspezialität aus Kreuzberg. Ein Seitenblick verriet mir, dass auch der Grunewald mit seiner Wahl höchst zufrieden war. Zum Nachtisch teilten wir uns noch einen amtlichen Apfelstrudel und fühlten uns wie im Schlaraffenland.
Auch die Mischung der Gäste nimmt einen für das Yorckschlösschen ein. Alt, jung, dick, dünn, schön, hässlich modern, retro, hip, reich, arm, prollig, intellektuell – so etwas ist in der gastronomischen Landschaft Berlins selten geworden. Hier sitzt noch der Professor neben dem Straßenkehrer. Ich habe selbst schon mehrfach erlebt, wie diese Mischung bei Konzerten auf Tischen, Bänken und selbst auf der Theke getanzt hat. Sogar die Kellnerinnen und Kellner haben mitgemacht! Unvergessliche Kreuzberger Nächte.
Und als wir zu vorgerückter Stunde aufbrachen, erging es meiner Bekannten so ähnlich wie dem oben zitierten unbekannten Berliner. Sie wollte nicht mehr gehen. Und wie heißt es immer so schön bei Facebook? Daumen hoch! In diesem Falle sagen wir: „Gaumen hoch!“