Ein Hinweis für die Ungeduldigen: Tipps, wie ihr vielleicht schneller an einen Termin kommt, gibt es ganz unten.
„Gehste hin, meldest dich an.“
„Das geht in Berlin nicht.“
„Wieso?“
„Weil da alles nur noch mit Termin läuft.“
Mit jedem – jedem – Verwandten oder Bekannten das gleiche Gespräch. Niemand konnte die Probleme nachvollziehen, die ein Umzug nach Berlin mit sich bringt. Hauptwohnsitz ummelden? Kein Problem in ganz Deutschland. Ganz Deutschland? Nein! Ein von einer unbeugsamen Verwaltung bevölkertes Dorf hört nicht auf, den neuen Einwohnern Widerstand zu leisten.
Termine gibt es online – nicht
Alles rot. An jedem Tag bis zum Januar gibt es Termine, aber alles rot, alle besetzt. Unregelmäßig schaue ich mal drauf, nichts ändert sich. Irgendwann gebe ich es auf, Wohnung und ein Umzug organisieren sich schließlich nicht von selbst. Im November sind Fakten geschaffen, ich wohne jetzt in Berlin. Zeit also, das Projekt „Bürgeramttermin“ ernsthaft anzugehen.
Über Tage hinweg ist die Terminseite meine Startseite. Hoffnungslos. Jeden Tag wird ein neuer Tag freigeschaltet, immer sind die Termine schon weg. Der Berliner Lapsus hat mich mittlerweile so sehr im Griff, dass ich mir auch nicht den Stress gebe, um 0 Uhr meine F5-Taste zu zerstören. Schulterzucken. Wird schon irgendwie.
Dann die rettende Idee: 115. Der Notruf für gestrandete Bürger. Auch wenn wir seit einigen Jahren im 21. Jahrhundert leben, das Telefon bleibt beim Service die Nummer 1. Wenn dieses „digital“ und „online“ nicht geht, dann eben anrufen.
Die 115 gibt den entscheidenden Hinweis
An dieser Stelle ein dickes Lob. Die 115 ist der schöne, der bessere Bruder der Bürgeramts-Website. Die Hotline ist Arnold Schwarzenegger, die Terminseite Danny DeVito. Die Mitarbeiter am Telefon waren immer freundlich, lösungsorientiert, Wartezeiten gab es fast keine. Jetzt mal ohne Mist!
Allerdings redet die Dame am Telefon auch gleich Klartext: Sie kann nur das vergeben, was da ist – also „nüscht“. Okay, blöd. Aber sie gibt den entscheidenden Tipp: Morgens, so zwischen 7 und 9 Uhr (das 3 bis 5 Uhr der Studenten) schalten einige Bürgerämter einige Termine wieder frei. Ha! Ein Insidertipp! Der sich auch noch lohnt: Denn zum Glück habe ich am Tag darauf Frühschicht, wage einen Blick in den Terminkalender der Bürgerämter – und tatsächlich: Der 18. Januar ist blau. Blau! Unfassbar viele Termine, die obersten sind nach Millisekunden weg, also strategisch klug gleich einen weiter unten nehmen. Gebucht. Ich habe ihn. 10.48 Uhr, Bürgeramt Karow/Buch. Wo auch immer das ist.
Das Bürgeramt ist ein Klischee
Mittlerweile glaube ich: Die Termine dort sind nur frei geworden, weil die Leute sich mal angeguckt haben, wo dieses „Karow/Buch“ eigentlich liegt. Aber egal, ich bleibe hart. Und einige mich darauf, diesen Artikel hier zu schreiben, um die zweieinhalb Stunden eigentliche Abwesenheit als Arbeit zu verkaufen.
Der Termin läuft unspektakulär, reibungslos und entspannt ab. Die Sachbearbeiterin tippt das Anmeldeformular, das man ausgefüllt mitbringen sollte (und ausgefüllt mitgebracht hat), noch einmal ab. Sie hat ja zehn Minuten pro Anliegen Zeit, wie sie verrät. Ich bin doch ganz froh, keinen Termin in Mitte zu haben.
Das war’s. Jetzt bin ich offiziell Berliner. Da fällt mir ein: Ende Mai läuft mein Perso ab. Gleich mal gucken, ob es Termine gibt …
Meine Termin-Tipps ohne Garantie
- Versteife dich nicht auf (d)ein Bürgeramt! Es gibt 45 davon, vieles – wie die Ummeldung – kannst du in jedem davon erledigen. Außerdem wollen die Leute dort auch was zu tun haben.
- Für einen Termin wirklich morgens die Seite beobachten, ob Termine freiwerden. Oder einfach beim Bürgeramt vorbeischauen und nach einem Termin fragen. Dort hat man eh den besten Überblick, wann was frei ist und wo sich Lücken auftun. Letzteres eignet sich aber nur bei den kleineren, unbeliebten Bürgerämtern (wie in Karow/Buch).
- Ruf die 115 an. Wenn du alt genug bist, auf ein Bürgeramt zu müssen, kannst du auch initiativ irgendwo anrufen. Meine Erfahrung: Die Leute dort arbeiten nett und können immer weiterhelfen. Aber Vorsicht: Manchmal geistern verschiedene Anweisungen durch die Behörden. Deswegen erhebt dort auch niemand Anspruch auf Richtigkeit oder Zuverlässigkeit.
- Nimm den Termin ernst! Im November für Januar gebucht, dann verpasst. Ja klar, du hast sonst nichts zu tun. Bring außerdem alle wichtigen Unterlagen mit (Wohnungsgeberbestätigung!). Hast du einen Reisepass? Mitnehmen, der muss auch geändert werden. Lies dir also die Bestätigungsmail aufmerksam durch. (Muss man das wirklich noch sagen?)
- Nerv nicht. Du hast einen Termin für ein Anliegen gebucht. Mehr nicht. Wie gesagt haben die Bearbeiter nur eine bestimmte Zeit für dich, verlangst du Extrawürste, hat niemand was davon. Wobei es wahrscheinlich ganz nett ist, zur „Einbürgerung“ in bester Berliner Schnauze zur Sau gemacht zu werden.
- Zum Schluss: Geh gelassen an die Sache ran. Ja, du musst laut Gesetz zwei Wochen nach deinem Umzug umgemeldet sein. Interessiert hier aber keinen. Wir sind schließlich in Berlin.