Gentrifizierung an der Kastanienallee in Berlin

Der letzte Lebensmittelmarkt am Rosenthaler Platz macht zu

Am Rosenthaler Platz muss der letzte Lebensmittelmarkt der bei Touristen beliebten Gegend schließen.
Am Rosenthaler Platz muss der letzte Lebensmittelmarkt der bei Touristen beliebten Gegend schließen.

Rosenthaler Vorstadt - Am Wochenende musste der letzte Lebensmittelmarkt am Rosenthaler Platz schließen, ihm wurde der Mietvertrag gekündigt. Anwohner sind empört. Auch die Kastanienallee hat sich verändert.

Die Welt liebt Berlin, und wenn sie vorbeikommt, dann checkt sie bevorzugt am Rosenthaler Platz ein. Die Gäste auf Zeit sind verzückt vom urbanen Flair am Platze mit all den Galerien, Fashion Stores und Coffee Shops.

Naska Rahal und Bianka Volkmann, beide 25, sind schon etwas länger da: Sie wohnen seit ihrer Kindheit in der Nähe des Rosenthaler Platzes. Seitdem kaufen sie die Dinge ihres täglichen Bedarfs im Mini-Markt an der Rosenthaler Straße 11. Volkmann hat mittlerweile selbst zwei Kinder und ist froh, dass es noch ein Geschäft im Kiez gibt, in dem sie ihre Besorgungen erledigen kann. Doch damit ist es nun vorbei.

Es ist ein kleines, aber exemplarisches Beispiel für den Wandel in der Mitte Berlins. Es ist der letzte Lebensmittelmarkt am Rosenthaler Platz, einem in allen Touristenführern gehypten Knotenpunkt zwischen Mitte und Prenzlauer Berg. Die Anwohner kämpften vergeblich um ein letztes Stück Nach-Wende-Berlin. „Hier gibt es bald nichts mehr für Leute, die hier wohnen“, sagt Anwohnerin Gabriele Hoffmann, Die Infrastruktur bediene nur noch Touristen, beklagt die 65-Jährige. „So macht man eine Stadt kaputt.“

Nach Sanierung 30 bis 50 Euro mehr pro Quadratmeter

Der Mietvertrag von Inhaberin Do Xuan Quang wurde gekündigt. Wie es nach der Sanierung weitergeht, ist ungewiss. Die Sprecherin der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) teilt mit, dass anschließend ein neues Mietverhältnis begründet werde. Der Marktpreis für die Gewerberäume an der Rosenthaler Straße 11 werde nach der Sanierung bei 40 bis 60 Euro pro Quadratmeter netto kalt liegen. Bisher waren es zehn Euro. Für Maik Seibert, 35, der das „Curry Mitte“ am Rosenthaler Platz betreibt und fast täglich bei Familie Quang einkauft, ist klar, dass der Mini-Markt dann keine Chance mehr hat. „Solche Mieten kann sich kein kleiner Laden leisten.“ Ein älterer Kunde, der jeden Tag mehrmals im Mini-Markt einkauft, ist sich sicher, dass hier bald eine Galerie oder Boutique einzieht.

Inhaberin Quang stellt fest, dass es nun keinen Lebensmittelladen mehr in der Nähe gibt. „Eine Stammkundin von mir ist 92 Jahre alt“, sagt Quang. „Als sie erfuhr, dass wir schließen, hat sie geweint.“

Susanne Grautmann


Quelle: Der Tagesspiegel

Der letzte Lebensmittelmarkt am Rosenthaler Platz macht zu, Rosenthaler Str. 1, 10119 Berlin

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