Zum Ende seines Berlin-Aufenthalts bringt sich das Guggenheim Lab noch mal ins Gespräch, etwa mit einem Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister oder den Bustouren in die östlichen Außenbezirke. In knapp zwei Wochen beginnt der Abbau des temporären Denklabors, das mit Vorträgen zu Urban Gardening, Yoga-Workshops und Fahrradfahren für Frauen nach eigenen Angaben knapp 20.000 Besucher angelockt hat.
In der Post an Klaus Wowereit beschwerten sich die Lab-Macher über die kurzfristige Absage von Finanz-Staatssekretärin Margaretha Sudhof für eine Veranstaltung zur Liegenschaftspolitik am vergangenen Freitag. Doch konnte man wirklich erwarten, dass der Konflikt mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung über die Kosten von sozialen und kulturellen Freiräumen öffentlich ausgetragen wird?
Mehr Dialog für mehr Akzeptanz
Möglicherweise ist das nächste soziokulturelle Container-Experiment besser mit den Hauptstadt-Befindlichkeiten vertraut. Am Donnerstag eröffnet in der Schönhauser Allee 9 die Kunsthalle „Platoon“ – und übernimmt gleichsam die Staffel vom Lab. Anders als vor dessen Eröffnung ist dieses Kunstprojekt nicht umstritten. Dabei ist Platoon letztlich auch ein kommerzielles Unterfangen: dahinter steht eine Kommunikationsagentur für Markenkunden. Den anfänglichen Widerstand gegen das Guggenheim Lab erklärt Platoon-Mitbegründer Christoph Frank mit „schlechter Kommunikation“. Wenn Marken wie BMW oder Guggenheim New York beteiligt seien, müsse man eben wirklich überall ausreichend Aufklärungsarbeit leisten.
Platoon jedenfalls sucht mit Anwohnern, Bezirksbürgermeister und -parlament, mit örtlichen sozialen, kulturellen und subkulturellen Netzwerken oder Initiativen den Dialog. Dabei sind die Kunst-Container selbst meistens nur temporär an einen Ort gebunden. Steht der nächste Investor vor der Tür, zieht auch Platoon weiter – seit seiner Gründung im Jahr 1999 schon dreimal. Am neuen Standort ist das Projekt auf 34 Container angewachsen – und nun eine echte „Kunsthalle“.
Geplant sind Performances, Videos, Events, Diskussionen – zwei bis drei Veranstaltungen pro Woche, zwei Jahre lang. In zwei Schaufenstercontainern an der Straße sollen wechselnde Künstler ausstellen. In Planung etwa: eine „Transparenz-Granate“, Hacker-Kunst, mit der alle Daten im Umkreis von zwei Kilometern abgesaugt und veröffentlicht werden. Hinter dem Containertor wird es drei Künstler-Laboratorien geben und eine „Factory“ im Geiste Warhols.
Preisgekrönte Architektur
Platoon platziert sich geschickt zwischen Kunst und Kommerz. Die Kommunikationsagentur ist schließlich selbst ein gewerbliches Unternehmen. In Korea arbeitete man sogar als „Kreativagentur“ für den Sportartikelhersteller Adidas. Die Konstruktion der neuen Basis der Kunsthalle stammt vom Architekturbüro Graft, das in Berlin für Mehrfamilienhäuser in der Torstraße, Villen in Biesdorf und auf der Pfaueninsel, den Boulevard der Stars und in den USA oder Asien für Hotelbauten und Siedlungsprojekte verantwortlich ist. Wolfram Putz, einer der drei Köpfe hinter Graft sagt, außer einer „bautechnischen Expertise“ habe man zur Kunsthalle der „guten alten Freunde“ aber nicht wirklich viel beigetragen. Die Optik des Container-Tors im tarngrünen Military-Look ist sowieso das Markenzeichen von Platoon, die für ihre Halle in Korea den „Deutschen Designpreis“ erhielten.
Und während ein paar Schritte weiter das Lab in die letzte Runde geht, zieht dessen Programm-Manager Lutz Henke positiv Bilanz: ein gemischtes Publikum aus allen Altersgruppen und erfolgreiche Vorträge etwa zu den „Grundlagen der Wahrnehmung“ nennt er – und auch den Streit um den Standort. „Wir können zufrieden sein“, so Henke, zumal sich die Früchte von Debatten und Diskussionen oft erst später zeigten.