Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

Dagobert: "Berlin hat mir Glück gebracht!"

Seit der Veröffentlichung seines Debütalbums Mitte April zerbrechen sich Kritiker, Hipster und Fans deutschsprachiger Popmusik den Kopf über die Frage "Wie cool darf Schlager sein?". Wir haben uns mit dem gebürtigen Schweizer Dagobert Jäger getroffen, um ihm ein paar persönliche Worte über seine derzeitige Heimat Berlin-Mitte zu entlocken.

Dem 30-jährigen Dagobert Jäger eilt eine Legende voraus. Sie erzählt die Geschichte eines deprimierten Schülers, der sich nach dem Abitur in einem Probenraum verschanzt und dort erste eigene Songs komponiert – für die er prompt einen Schweizer Kulturpreis abstaubt. Nach einem subventionierten halben Jahr in Berlin zieht sich der junge Musiker jedoch enttäuscht in eine einsame Hütte in den Bergen Graubündens zurück. Dort bastelt er, wie man hört, ganze fünf Jahre lang an neuen Songs, bevor er sich schließlich zurück nach Berlin aufmacht, um seine Musik hier an die Plattenfirmen und das Publikum zu bringen.

Egal wie viel Wahrheit in dieser von Dagobert selbst propagierten Geschichte steckt, Tatsache ist: Das Debütalbum „Dagobert“ gehört zu den musikalischen Überraschungen  des Frühjahrs, kaum eine Zeitung, in der die mit Beats und Synthiesounds unterlegten Liebeslieder des Schweizers nicht diskutiert wurden. Grund genug, sich den Neu-Berliner Dagobert einmal aus der Nähe anzuschauen und mit ihm über sein neues Leben in der Hauptstadt zu sprechen.

Zu Gast bei Freunden

Wir treffen Dagobert im Café Ribo in der Ackerstraße, einer Location, mit der den Musiker nicht nur die „besten Maultaschen der Welt“ sondern auch eine persönliche Beziehung verbindet. Als Dagobert vor drei Jahren beschloss, die selbstauferlegte Einsamkeit in den Graubündener Bergen hinter sich zu lassen, um in Berlin sein Glück zu versuchen, quartierte er sich für ganze eineinhalb Jahre in einem Hinterzimmer des familiär geführten Cafés ein.

Noch immer kennt der große, schlanke Sänger, der eine sympathische Unaufgeregtheit ausstrahlt, fast jeden Gast – zu allen Seiten hin wird ganz entspannt gegrüßt. Auch sein Vagabunden-Dasein hat Dagobert bisher nicht aufgegeben. „Ich komme bei Freunden unter, immer da, wo eben gerade Platz ist.“ Trotzdem hat der Musiker aus dem Alpenland einen fest umrissenen Kiez: „Ich bin eigentlich immer in Berlin-Mitte rund um den Rosenthaler Platz unterwegs – hier wohnen einfach alle meine Freunde.“

 

Ihnen verdankt Dagobert – der trotz der Veröffentlichung seines ersten Albums über keine regelmäßigen Einnahmen geschweige denn ein größeres Vermögen verfügt und froh ist, „oft zum Essen eingeladen“ zu werden – sein Leben in kreativer Freiheit. „Berlin hat mir Glück gebracht. Ich habe hier total viele nette Leute getroffen und mein Album fertiggemacht. Momentan ist das Leben in dieser Stadt für mich genau richtig“, erklärt der Musiker. Generell findet Dagobert die Menschen und das Leben in Berlin „sehr entspannt“. Alles sei hier ein wenig langsamer und freundlicher. Die Vorurteile über den sehr speziellen „Berliner Charme“ kann der Sänger nicht bestätigen: „Ich bin hier von Anfang an gut aufgenommen worden.“

Berlin-Mitte im Wandel der Zeit

Trotzdem hat Dagobert auch etwas an seinem Kiez auszusetzen: „Als ich vor etwa acht Jahren zum ersten Mal hier gewesen bin, war alles etwas interessanter und außergewöhnlicher.“ Heute stoße man „wie in jeder anderen Stadt“ auf Turnschuhläden oder H&M-Filialen und auch die illegalen Partys seien weniger geworden. „Das ist total schade“, so der Sänger, nach dessen Akzent man leicht süchtig werden könnte.

Alles in allem ist Dagobert Mitte jedoch ans Herz gewachsen. Bei den ziellosen Streifzügen durch die Stadt, die er gerne und häufig unternimmt, stößt der Musiker manchmal auch noch auf die eine oder andere ursprünglichere Location. „Der Volkspark Prenzlauer Berg zum Beispiel ist total groß und ungepflegt, dort trifft man nur ganz wenige Menschen und man kann gut entspannen“, berichtet er. Abgesehen von den Maultaschen im Café Ribo genießt Dagobert außerdem gerne ein – wenn möglich – Frei-Bier im Themroc in der Torstraße oder in der Kim Bar in der Brunnenstraße.

Und wenn er sich schließlich doch einmal in einer seiner temporären Wohnungen aufhält, bastelt der Musiker weiter fleißig an neuen Songs. „Die Lieder auf meiner aktuellen Platte waren alle schon vorproduziert. Das, was jetzt gerade entsteht, wird frühestens auf dem dritten Album landen“, berichtet der Sänger, den an diesem Nachmittag noch zwei weitere Interviews erwarten. Dagobert genießt seinen ersten Erfolg auf eine zurückhaltende Art. Großartige Pläne für die Zukunft schmiedet er nicht. Ob er später einmal die vielbesungenen Kinder bekommen möchte oder sich vielleicht tatsächlich eine Insel in der Südsee kauft – wer weiß das schon. Einen Vorsatz hat Dagobert allerdings: „Wenn ich von meiner Musik niemals werde leben können, wandere ich nach Afrika aus – ich bin auf harte Zeiten eingestellt.“

Das Album „Dagobert“ ist seit dem 12. April erhältlich. Vom 11. Mai bis zum 29. September tourt Dagobert durch Deutschland. Nicht verpassen: Den Auftritt am 24. Mai im Ritter Butzke!

Dagobert: "Berlin hat mir Glück gebracht!", Ackerstraße 157, 10115 Berlin

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