Wir treffen Antonio Wannek im gemütlichen Café Schnittchen in der Großbeerenstraße – und lernen gleich noch einen weiteren Teil seiner Familie kennen. Denn an diesem Nachmittag hilft Antonios Mama in dem kleinen, mit viel Retro-Charme eingerichteten Laden einer Freundin als Gastgeberin aus. Als die erste Begrüßung vorbei ist, ein paar Fotos vom Sohn an die Mutter weitergegeben wurden und wir schließlich vor einem dampfenden Chai-Tee bzw. einer sprudelnden Retro-Brause sitzen, kommen wir dann auch recht schnell auf die Kindheit des angenehm uneitlen Schauspielers zu sprechen.
„Vor der Wende war Kreuzberg eine echte ‚Insel in der Insel'“, erinnert sich der 1979 geborene Berliner. „Da mein Vater aus dem Ruhrgebiet stammt, sind wir früher zwar viel rausgefahren – doch für viele andere Kinder in meiner Schule und in meinem Kiez war Kreuzberg 61 die ganze Welt. Das hat sich nach der Wende erst ganz allmählich geändert“, berichtet Wannek, der bereits im Alter von elf Jahren auf der Straße für seine erste Rolle entdeckt wurde. Später als Jugendlicher sei man noch immer „kaum mal nach Kreuzberg 36 rübergekommen. Damals herrschte auf der Straße ganz schönes Gang-Gehabe. Ich bin zwar nicht auf den Gewalttrip aufgesprungen, habe aber doch ganz schön viel davon mitbekommen“, so der Schauspieler.
Heute geht es friedlich zu
Aufgrund dieser Erfahrung gehört die relativ hohe Sicherheit auf den Straßen des Bezirks für Wannek zu den größten Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte: „Obwohl sich heute in Kreuzberg alles wild durchmischt und an vielen Stellen die Extreme aufeinandertreffen, bleibt es doch im Großen und Ganzen friedlich.“ Doch natürlich zieht der Aufschwung seines Heimatkiezes Wannek zufolge auch einige nervige Aspekte nach sich. „Viele Leute kommen hierher und wollen einfach alles so wie zu Hause“, moniert der bodenständige Vater eines Sohnes. Zu den neuen, berlin-untypischen Prinzipien gehöre beispielsweise, dass man unter keinen Umständen mehr auf dem Gehsteig Rad fahren dürfe oder auf einen übertriebenen Lärmschutz Wert lege.
Im Osten der Stadt, dem heutigen Wohnort von Antonio Wannek, wirkt sich der Berlin-Hype der vergangenen Jahre zwar auf dieselbe Art und Weise aus, doch dazu meint er: „Ich finde es gut, dass mein Sohn in einer etwas gediegeneren Gegend aufwächst“. Das ist jedoch nicht der alleinige Grund dafür, warum Wannek seit seinem 26. Lebensjahr aus vollem Herzen „Wochenend-Kreuzberger“ ist. „Man kriegt hier einfach nichts gebacken: Jeder kennt jeden und man verliert auf dem Weg von A nach B einfach total viel Zeit, weil man an jeder zweiten Tür einen Zwischenstopp einlegen muss“, schmunzelt der Schauspieler. Trotzdem kommt er immer wieder gern in seine alte Heimat: „Das Kiezgefühl ist für mich hier so stark wie nirgendwo anders.“
Vom Schulhof vor die Filmkamera
Als „größten Glücksfall“ seines Lebens – von der Geburt seines Sohnes natürlich abgesehen – bezeichnet der vielfach ausgezeichnete Charakterdarsteller heute, dass er kurz vor dem Ende der Schulzeit für seine zweite große Rolle erneut „vom Schulhof weggecastet“ wurde. „Vorher hatte ich keine Ahnung, was ich mit meiner Zukunft anstellen sollte. Ich hatte sogar überlegt, eine Bundeswehr-Laufbahn einzuschlagen“, so Wannek. An seiner bis heute ungebrochenen Leidenschaft für die Schauspielerei ist jedoch nicht nur sein Casting-Glück, sondern auch die Mühe eines ganz besonderen Berliner Deutschlehrers verantwortlich: „Herr Gerber hat es damals als Einziger geschafft, alle 34 Schüler meiner Kreuzberger Gesamtschulklasse zu motivieren. Seinetwegen bin ich damals in die Theater-AG eingetreten“, erinnert sich „Der Felsen“-Star.
Abgesehen vom Café Schnittchen oder dem italienischen Restaurant Il nuovo Primo am Südstern hat der Schauspieler keine festen Lieblingsadressen. „Ich bin noch nie sonderlich viel ausgegangen – und mit einem Kind verschieben sich die Prioritäten dann sowieso nochmal“, so Wannek. Lediglich Radtouren durch die verschiedenen Berliner Parks legt er uns als kleinen Tipp noch ans Herz.
Unsere Empfehlung für Fans des Schauspielers: Das nächste Mal ist Antonio Wannek am 20. März um 20.15 Uhr in „Brauns Heimkehr“, der letzten Folge der ARD-Serie „Pfarrer Braun“, zu sehen.