Volkspark am Weinberg

Zum Einfach-Wohlfühlen

Ein Pärchen genießt die Sonnenstunden im Weinbergspark in Mitte.
Ein Pärchen genießt die Sonnenstunden im Weinbergspark in Mitte.
Vom Dealer-Park zur Mitte-Oase: Im Volkspark am Weinberg können Familien, Touristen und Anwohner den Trubel im Herzen der Hauptstadt ausblenden und sich auf der Wiese am Hang entspannen.

Dicht bebaut ist der Bezirk Mitte, Verkehrslärm und Hektik bestimmen das Treiben. Auch rund um den Rosenthaler Platz geht es trubelig zu – doch auch wer Ruhe und Weite sucht, wird hier fündig. Wer ihn nicht kennt, dürfte von dem satten Grün und der idyllischen Stimmung rund um die sanft ansteigende Wiese des Weinbergsparks überrascht sein.

Direkt an der Brunnenstraße lädt die baumumstandene Kiez-Oase zum Entspannen und Verweilen ein. Zwar ist der kleine Seerosenteich noch immer kein wirklich sauberes Gewässer, doch die Besuchergruppen, die es sich für ein geselliges Beisammensein und zum Sonnetanken auf der einladenden Wiese gemütlich gemacht haben, stören sich nicht an diesem kleinen Manko. Auch Jogger, die im Park ihre Dehnübungen vollziehen oder Studenten mit Laptop scheinen sich hier wohlzufühlen.

Viele Kinder oder Hundebesitzer wird man auf der idyllischen Wiese im Volkspark am Weinberg dagegen nicht antreffen. Erstere bevorzugen den höher gelegenen Spielplatz, letztere den weitläufigeren Mauerpark. Für alle anderen ist der Weinbergspark eine echte Alternative für ein kurzes Aufatmen im Herzen Berlins.

Berliner „Berge“

Entstanden ist der – für Berliner Verhältnisse – relativ steile Hang des Parks in der letzten Eiszeit. Er gehört, anders als der Kreuzberg im Viktoriapark, nicht zum zurückgelassenen Teltow- sondern zum Barnimhang. Bei der Zionskirche erreicht die Hügelkuppe ihren höchsten Punkt: Hier steht man 52 Meter über dem Meeresspiegel. Steile Treppen verleihen dem Weinbergspark damit einen Hauch von Montmartre oder den Parkanlagen in Lissabon. An dieser Stelle durfte auch Berlin einmal beweisen, wie sich geographische Lage und Städtebau miteinander in Einklang bringen lassen.

Im Zentrum des kleinen Volksparks erinnern ein Fries mit Motiven aus der Arbeiterschaft, eine Skulptur von Heinrich Heine und der Laubengang an die architektonischen Vorstellungen der DDR-Führung. Die Statue des bekannten Dichters sollte ihren Platz eigentlich an der Neuen Wache einnehmen – doch für die Parteifunktionäre war sie nicht monumental genug. Kurzerhand wurde das Werk von Waldemar Grzimek in den Weinbergspark verlegt. Seit 2002 steht eine Kopie auf dem ursprünglich vorgesehenen Standort.

Geschichten der Gentrifizierung

Rund um den Volkspark am Weinberg tobt heute mit Hostels, Touristen und Bauboom das legendäre Leben von Berlin-Mitte. Gleich nebenan wiedersetzt sich das Acud tapfer dem Gentrifizierungswahn – das Haus in der Brunnenstraße 183 wurde dagegen schon 2009 geräumt und wartet bis heute auf einen neuen Verwendungszweck. Lediglich ein kämpferisches „Wir bleiben alle“ an der Fassade erinnert noch an einen Funken Widerstand.

Aber auch die Dealer, die sich lange im Volkspark tummelten, wurden durch die Kräfte der Gentrifizierung vom Weinberg vertrieben. Eltern und Anwohner setzten sich gegen den Drogenhandel zur Wehr, Büsche wurden gerodet und schattige Ecken ausgeleuchtet. Auch der neue Spielplatz, errichtet für rund eine Million Euro, sollte die Grünanlage zu einem familienfreundlichen Ort machen. Die Initiative zeigte Erfolg: Heute haben sich die Dealer in die Neuköllner Hasenheide oder dunkle Kreuzberger Hinterhöfe zurückgezogen – in Mitte versucht man höchstens noch in der U8 sein Glück mit den Drogen.

Die Ruhe im Weinbergspark können Anwohner und Touristen inzwischen nahezu unbehelligt genießen. Dabei fällt die Entscheidung schwer: Soll man sein Lager im Grünen aufschlagen oder doch lieber die einladende Terrasse des Nola’s aufsuchen? Seit 2002 werden hier in entspannter Atmosphäre „Chäs-Suppä“, Rösti und Rivella-Brause serviert. Noch heute ranken sich Weinreben an dem Gebäude empor und erinnern an die winzerische Vergangenheit des Hügels im Zentrum Berlins. Nur Kühe fehlen noch – dann wäre das südländische Flair des Volksparks am Weinberg perfekt.


Quelle: Der Tagesspiegel

Nola's am Weinberg - dauerhaft geschlossen, Veteranenstraße 9, 10119 Berlin

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