Kultiges Debüt

Bela B: Vom Ärzte-Schlagzeuger zum Romanautor

Bela B in einem Wintermantel vor weißer Wand
Musiker, Schauspieler und nun auch Autor: Bela B hat gut 400 skurrile Seiten abgeliefert.
Muss Bela B was Neues finden, weil die Ärzte aufhören? Nein. Aber der Berliner Musiker hat trotzdem das Medium gewechselt und ein Buch geschrieben. „Scharnow“ ist nicht gewöhnlich, es ist ein Roman über das etwas andere Leben in Brandenburg oder Berlin Spandau…

Kann er überhaupt ein Buch schreiben oder reicht es, dass er Bela B heißt? Der Verlag, der ihm angeboten hat sein Romandebüt herauszubringen, war sich sicher, dass es ein Erfolg werden würde. Einfach so? Weil Bela B redegewandt ist und Humor hat? Der Ärzte-Schlagzeuger, der auch schon als Schauspieler und Sprecher Erfahrung hat, setzte sich jedenfalls hin und schrieb Scharnow, ein Buch über seltsame Typen, die es (angeblich) so in der ganzen Welt gibt: einsame Seelen, kaputte Existenzen, unerkannte Superhelden, Teenager auf der Suche… Das vielseitige Personal wird direkt zu Beginn des Buchs aufgelistet, als würde man es dem Leser nicht zutrauen, sich alle merken zu können. Und genau darin liegt das Problem: Der Roman wirkt wie eine zusammengebastelte Story aus vielen skurrilen Einzelteilen. Lesenswert ist Scharnow trotzdem. Es sind nämliche unterhaltsame Anekdoten, die Bela B tatsächlich erlebt oder irgendwo aufgeschnappt hat, die das Buch besonders machen. Ein Überfall nackter, betrunkener Männer in einem Supermarkt ist dabei, eine Tarantino-mäßige Schießerei und auch die Beschreibungen der abgefahrenen Gedankenwelten von Menschen, denen man sonst vielleicht nie nahe kommt, machen Spaß. Nur wirklich berühren kann uns der Roman nicht.

Vermutlich ist es die Ironie, die Bela B in all seinem künstlerischen Schaffen an den Tag legt, die keine Emotionen aufkommen lässt? Ach nein, gerade erst hat er doch mit den Ärzten bewiesen, dass man auch als coole Punkband Fans zum Weinen bringen kann. Das große Rätselraten auf der Webseite der Band verbreitete Verzweiflung, dachte man doch, mit dem Lösungswort werde einen ABSCHIED eingeläutet. Nun ist der vierte Buchstabe in der Rätselreihe raus und der lautet…. T nicht C. Also kein Ärzte-Aus? Der Begriff Abschied ist raus, die ersten Wetten laufen auf Absturz! und Abstrich. Vielsagend.

 

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Ein Beitrag geteilt von radioeins (@radioeins) am Feb 21, 2019 um 10:37 PST

Bela B wollte sich bis zuletzt offen halten, ob er das Buch wirklich veröffentlicht, deshalb wusste bis auf den Verlag niemand, dass er an Scharnow schreibt. Am Ende hat er es selbst für gut befunden und auf den Markt gebracht. Hier wird es mit großem „Hä?“ und „Oha!“ begrüßt und wer sind wir, dass wir an dieser Stelle nun ein eindeutiges Urteil fällen würden? Im Ernst: Der Roman ist in jedem Fall anders als andere Promi-Ergüsse, in denen Großnamenträger in flachen Gewässern nach Ideen gefischt haben. Bei Bela B findet sich viel Phantasie, Menschenkenntnis, Alkohol, Porno und Gewalt. Das muss nicht jedem gefallen, warum auch.

Für die Ärzte-Fans verkürzt der Roman die Wartezeit auf die fehlenden vier Buchstaben beim Rätsel auf der Homepage, für Berliner eröffnet es neue Brandenburg-Perspektiven. Dabei steht Scharnow übrigens nicht nur für ein typisches Brandenburger Dorf, sondern auch für Berlin Spandau, mit dem Dirk Felsenheimer, wie Bela B bürgerlich heißt, seit seiner Kindheit eng verbunden ist. Ans Herz legen würden wir dir die anstehenden Lesungen, die durch Bela Bs Humor und angenehme Erzählstimme garantiert großartig werden, aber die sind fast alle ausverkauft. Kleiner Trost, falls du kein Glück hast, Bela B live zu sehen: Jan Böhmermann schwärmt (ironiefrei) von dem Scharnow– Hörbuch – gelesen vom Autor persönlich.

Scharnow: Roman von Bela B Felsenheimer ist im Heyne Verlag erschienen und für 20 Euro im Handel erhältlich.

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