Seitdem klar ist, dass eine neue Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld mindestens 350 Millionen Euro kostet, wird über andere Standorte nachgedacht. Favorit bei den Stadtentwicklern der Parteien, egal ob Regierung oder Opposition, ist die Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) in Kreuzberg. Sie könnte schrittweise umgebaut und erweitert werden. „Das wäre die beste Lösung“, sagte der CDU-Abgeordnete Stefan Evers. Er begrüßte die Abkehr vom Neubau, die sich auch bei den Sozialdemokraten abzeichnet.
Einen Ausbau der AGB, die vor 60 Jahren eröffnet wurde, sehen auch Sozialdemokraten als „realistische Alternative“ an. Da trifft sich Rot-Schwarz mit der Opposition. „Eine Modernisierung und Erweiterung wäre für das Quartier ein Gewinn“, sagte die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Der Standort Blücherplatz sei etabliert und verkehrsgünstig.
Abgespeckte Raumplanung
Auch die Linken-Abgeordnete Katrin Lompscher könnte sich mit dem Ausbau der AGB anfreunden. Bisher galt es als schwierig, am Blücherplatz genügend Fläche zu gewinnen, um die – auf mehrere Standorte verteilte und aus allen Nähten platzende – Berliner Landesbibliothek an einem Ort zu konzentrieren. Aber inzwischen, so Lompscher, habe der Senat die überdimensionierte Raumplanung für eine neue Bibliothek auf ein realistisches Maß abgespeckt. Von 65.000 auf 51.000 Quadratmeter. Das ließe sich in Kreuzberg gut unterbringen.
Auch der Vorplatz müsste neu gestaltet werden, um die AGB mit dem Neubau zu verbinden. Eine Tiefgarage soll genügend Parkraum schaffen, die Anbindung an Bus und U-Bahn ist gut. Ein innerstädtischer Raum, „ideal für das Publikum, das eine Landesbibliothek nutzt“, sagte der CDU-Politiker Evers. Es gibt für diese Pläne aber keine Kostenschätzung, und die Realisierung würde nach Ansicht der Planer mindestens zehn Jahre dauern. Möglich wäre, den großzügig bemessenen Raumbedarf einzudampfen.
Weitere Alternative in Tempelhof
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der den Neubau der Landesbibliothek stets vorantrieb, ahnt jetzt offenbar, dass ihm die Kosten einen Strich durch die Rechnung machen. „Wenn man merkt, dass das Ganze völlig aus dem Rahmen geht, muss man die Debatte führen“, sagte er Ende Februar im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Wowereit fügte aber hinzu: Dies werde dann sicherlich geschehen, „ohne dass ich dazu einen Impuls gebe“.