Das Konzept für die TV-Serie „Newtopia“ stammt aus dem Hause Endemol, das uns auch schon Erfolgsformate wie „Wer wird Millionär“, „Nur die Liebe zählt“ und „Big Brother“ bescherte. Auch dieses Mal dürfen wir einem Haufen Kandidaten beim Lieben, Leiden, Geld verdienen und Leben auf engstem Raum zusehen. Für die neue, als Experiment deklarierte Serie ziehen 15 Menschen in ein ebenso abgelegenes wie abgeschottetes Waldstück, wo sie eine Scheune, Wasser- und Stromleitungen, Kühe, Hühner, ein Teich nebst Forellen und ein Stück fruchtbarer Boden erwarten. Ach ja, 105 Kameras, Scheinwerfer und 5000 Euro Startkapital sind auch noch dabei. Mit diesen Mitteln sollen die so genannten „Pioniere“ eine eigene Gesellschaft aufbauen.
Von wegen keine Regeln
Damit wollen wir kurz aufräumen: Erstmal dürfen die Teilnehmer nichts außer einer binnen 15 Minuten gepackten Kiste mit mehr oder weniger nützlichen Habseligkeiten in ihr neues Leben mitnehmen. Sie dürfen Handel mit der Außenwelt betreiben und Besucher in ihrem Newtopia empfangen, heraus dürfen sie aber nicht. Es sei denn, sie werden aus der Gemeinschaft geschmissen – das passiert nämlich einmal monatlich. Auf welche Art, bestimmt das Format: Die Nominierungen müssen vor den Augen der anderen getätigt und begründet werden, drei Kandidaten kommen so regelmäßig auf die Abschussliste. Ausgleichend stellen sich neue Kandidaten vor. Der potenzielle Einwohner, der am Ende bleiben darf, entscheidet, welche der Nominierten weggeschickt wird. Er hat „besonders viel Macht“, wie es auf der Internetpräsenz zur Serie ausgedrückt wird.
Dabei legt Sat.1 doch so viel Wert darauf, dass es keine Vorschriften für die Gesellschaft gibt, dass sich die Bewohner frei entscheiden dürfen zwischen Demokratie oder Monarchie, Treue oder freier Liebe und so weiter. Dann wird in den Statuten aber auch erklärt: „Kein Geld bedeutet, dass man nicht leben und überleben kann. Auch in Newtopia nicht.“ Ach so. Und was wäre, wenn diese neue Gesellschaft weg wollte vom lieben Geld, zum Beispiel durch eine Shareconomy, in der man Dienstleistungen oder Produkte tauscht statt kauft? Wenn schon neue Gesellschaft, warum denn dann so festgefahren?
Püppchen, fauler Langzeitstudent und doofe Sportskanone
Da wir schon von Festgefahrenem sprechen, auch die Kandidaten der Sendung bedienen althergebrachte Klischees. Die Auswahl ist auf den ersten Blick nicht verkehrt, denn so sind eine Architektin, ein Politikwissenschaftler, Landwirt und Koch nach Newtopia gezogen. Also alles da, was man braucht, um die neue Gesellschaft aufzubauen. Aber natürlich sind die Kandidaten vor allem eins: Charaktere. Das unterstreicht auch das Voting, das seit gestern auf der Newtopia-Homepage läuft. Dort kann man seinen Lieblingscharakter wählen: den Unkonventionellen, den Gemütlichen, den Tonangebenden und den Witzbold gibt es da zur Auswahl. Außerdem packte schon in der ersten Folge der wohnungslose Dauer-Student mit den Rastas ungern mit an, das blonde Model sprach über Make-up und mit einer Dame, die nicht oft genug betonen konnte, dass in Zukunft alle nach ihrer Pfeife tanzen sollen, ist Stress vorprogrammiert.
Eben typisches Unterhaltungs-Fernsehen
Der Start verlief dennoch vielversprechend. Der Einzug nach Newtopia wurde gestern von 2,8 Millionen Menschen verfolgt. Und für alle, die sich darauf einlassen, dass es hier weder um ein Experiment noch um das Kreieren einer neuen Gesellschaft geht und die sich stattdessen auf eine neuere Version von Big Brother (dieses Mal mit Kuh im Dorf und weniger Hygiene) freuen, für die bietet Newtopia bestimmt gute Unterhaltung.
Übrigens: Drei Kandidaten aus Berlin und Umgebung sind dabei. Conny, eine Architektin aus Potsdam, Candy, der wohnungslose Student und Karolina, vegane Grafikerin und Studentin aus Berlin. Jeden Tag wird ein Zusammenschnitt des Newtopia-Lebens gesendet, zusätzlich steht online ein Live-Stream zur Verfügung. Eine Woche sind die Bewohner dem voraus, was im Vorabendprogramm zu sehen ist.
„Man merkt: Vom Sofa gehauen hat mich die neue Show nicht gerade. Allerdings bin ich zugegebenermaßen für leichte Unterhaltung sehr empfänglich und werde aus reiner Neugierde wohl trotz allem wieder reinschalten.“