Wer einen idyllischen Rückzugsraum mit grünen Parkflächen und Ausruhmöglichkeiten sucht, der ist am Schöneberger Nollendorfplatz wirklich falsch. Tag und Nacht tummeln sich zahllose Passanten auf den viel befahrenen Straßenkreuzungen und rund um das Bahnhofsgebäude mit seinem markanten Kuppelbau. Nach den Entwürfen des Architektenehepaars Schüler-Witte wurde der während des Zweiten Weltkrieges stark beschädigte Hochbahnhof ab dem Jahr 1999 rekonstruiert. Den Nutzern des öffentlichen Nahverkehrs dient der nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon Bonaparte errichtete Platz als Umstiegsmöglichkeit zwischen den U-Bahnlinien U1 bis U4.
Das Erbe der Befreiungskriege
In seinen Anfangstagen war der Nollendorfplatz, oder im Volksmund auch „Nolli“ genannt, ein Schmuckplatz und Teil des sogenannten Generalszugs. Der unter Leitung des damaligen Generalgartendirektors Peter Joseph Lenné gebaute Generalszug war eine im 19. Jahrhundert großflächig angelegte Straßen- und Platzfolge, deren Bezeichnungen auf die Befreiungskriege gegen Napoleon I. 1813-1815 hinweisen. Seinen Namen erhielt der Platz am 27. November 1864, angelehnt an die Schlacht bei Kulm und Nollendorf (tschechisch Nakléřov) im böhmischen Erzgebirge.
An die ursprüngliche Architektur erinnert heute kaum noch etwas. Zunächst galt der Bau des Hochbahnviaduktes als erheblicher Einschnitt in das Gesamtbild des Platzes. Anschließend erlitten im Zweiten Weltkrieg nicht nur der Bahnhof sondern auch sämtliche umliegenden Gebäude schwerste Schäden und wurden ohne ein erkennbares Konzept durch Neubauten ersetzt.
Von Fröhlich zu Kolhoff
Neben dem recht stattlichen Bahnhof fällt das große Theatergebäude mitten auf dem Platz sofort ins Auge. Errichtet wurde das anfänglich als „Neues Schauspielhaus“ bekannte Bauwerk 1906 durch den Architekten Albert Fröhlich mit einem Theater- und Konzertsaal. In den 1920er Jahren erfuhr der Nollendorfplatz seine Blütezeit und viele Künstler sowie ausgehfreudige Menschen machten Tag und Nacht die Straßen um das Gebäude zu einem beliebten Treffpunkt. Im Krieg wurde der Platz beinahe dem Erdboden gleich gemacht. In der Nachkriegszeit fand man in den Räumlichkeiten ein Kino und die Diskothek „Metropol“. 2005 wurde der Bau schließlich von Hans Kolhoff umgestaltet und zum Nobelklub „Goya“ getauft.
Seit jeher gilt der Nollendorfplatz und seine Umgebung als westliches Zentrum der Homosexuellenszene Berlins. Die zahlreichen schwulen- und lesbenfreundlichen Cafés, Bars, Kneipen, Restaurants und Shops erstrecken sich über die Motz-, Maaßen- und Nollendorfstraße bis südlich zur Goltzstraße. Samstags lockt der zwischen Goltzstraße und Gleditschstraße am Winterfeldtplatz gelegene Wochenendmarkt besonders bei schönem Wetter regelmäßig hunderte von Besuchern.
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