Die Geschichte Hohenschönhausens reicht bis in 13. Jahrhundert zurück. Damals begann der Bau der spätromanischen Dorfkirche – die erste urkundliche Erwähung ist jedoch erst aus dem Jahr 1352 überliefert. Knapp anderthalb Jahrhunderte später ging das Rittergut an die Familie von Röbel über; sie besaß mehrere Dörfer im Nordosten Berlins. Die ‚Herrschaft‘ der Röbels dauerte lang: Erst 1736 verkaufte ein Nachkomme das Gut an einen Berliner Unternehmer.
Über die Jahrhunderte musste das Dorf Hohenschönhausen die Auswirkungen zahlreicher Kriege und Missernten überstehen. 1652 lebten nur noch drei Bauern, ein Knecht und fünf weitere Menschen im Dorf. Noch 1806, 1808 und 1813 fielen die Truppen Napoleons ein. Doch danach kehrte endlich eine Zeit des Friedens und der Entwicklung ein. An der Straße nach Berlin entstanden ab 1817 erste Ansiedlungen und auch sonst profitierte das ländliche Hohenschönhausen von der raschen Entwicklung der Hauptstadt. So entstanden unter anderem der Zentralvieh- und Schlachthof, die zur Entsorgung von Abwässern und zum Gemüseanbau genutzten Rieselfelder, die Villenviertel am Oranke- und Obersee sowie 1893 eine Pferdebahn, die den Vorort mit Berlin verband.
Unternehmer entdecken Hohenschönhausen als Standort
Im 20. Jahrhundert hielt der Aufschwung Hohenschönhausens unvermindert an. Etliche Unternehmen, unter anderem die Groß & Graf Werke für Schwachstromtechnik oder die Maschinenfabrik und Kesselschmiede von Richard Heike, verlagerten ihre Fabriken hierher. 1911 wurde der trotz allem noch ländlich geprägte Vorort Hohenschönhausen durch die Zusammenlegung von Gut und Dorf zur Landgemeinde im Regierungsbezirk Potsdam.
Der Erste Weltkrieg führte bei zahlreichen Anwohnern – die alteingesessenen Bauernfamilien ausgenommen – zu Mangelversorgung. Und auch die Inflation von 1923 trieb hungernde Berliner ins Umland. Felddiebstähle gehörten zum Alltag in Hohenschönhausen, das seit 1920 zum Verwaltungsbezirk Weißensee gehörte. Angesichts der schlimmen Zustände wurden in der Gemeinde auf Betreiben der sozialistischen Kommunalpolitiker eine Zweigstelle der Erwerbslosenfürsorge, eine Speisungsstelle und eine Badeanstalt eingerichtet, in der sich Erwerbslose ab 1926 kostenlos waschen konnten.
Darüber hinaus wurden in Hohenschönhausen ein Hort, eine Volksbücherei, zwei Lichtspieltheater und das Strandbad am Orankesee eingerichtet. Auch sozialer Wohnungsbau stand auf der Agenda. Statt teuren Villen schuf man in den 20er und 30er Jahren moderne Siedlungen mit Mehrfamilienhäusern. In der Dingelstädter Straße entstand eine eigene Siedlung für kinderreiche Familien, aufgrund der vielen hier heimischen Kommunisten und Sozialdemokraten „Klein-Moskau“ genannt.
Die NS-Zeit
Der sozialdemokratische Hintergrund des Ortes machte es der NSDAP zunächst nicht ganz leicht, in Hohenschönhausen Fuß zu fassen. Doch 1933 wurden die kommunalen Einrichtungen „von nichtarischen und national unzuverlässigen Kräften“ gesäubert. Die Geschichte nahm ihren Lauf: Vom jüdischen Bevölkerungsanteil Hohenschönhausens überlebten nur 27 Personen die NS-Zeit. In einem Barackenlager für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter gehörten katastrophale hygienische Zustände sowie Misshandlungen zum Lageralltag.
Am 21. April 1945 erreichte die russische Armee Hohenschönhausen. In den kommenden Monaten standen Aufräumarbeiten und die notwendigste Versorgung der Bevölkerung im Vordergrund der neuen antifaschistischen Verwaltung. So nahmen 1946 Kleingärtner aus Hohenschönhausen elternlose Kinder aus Berlin-Mitte auf. Noch im selben Jahr konnten an der Gockestraße die ersten 178 Wohnungen der Nachkriegszeit übergeben werden.
Gedenkstätte Hohenschönhausen
Der Krieg war zu Ende, doch eines der düstersten Kapitel in der Geschichte Hohenschönhausens begann im Mai 1945. In einer ehemaligen Großküche eines NS-Lagers richtete das Moskauer Volkskommissariat NKWD das Speziallager Nr. 3 ein, eines von zehn Internierungslagern in der sowjetischen Besatzungszone. Hierher kamen ehemalige NS-Funktionärem, aber auch politische Gegner oder Unschuldige vor ihrem Weitertransport in andere sowjetische Lager. Die Lebensbedingungen waren menschenunwürdig. Bis zur Schließung im Oktober 1946 kamen hier geschätzte 3000 Menschen ums Leben. Das Areal wurde als Gefängnis und schließlich als Untersuchungshaftanstalt der Stasi weitergenutzt. Heute erinnert hier die Gedenkstätte Hohenschönhausen an das Schicksal tausender Häftlinge.
In den kommenden Jahrzehnten erholte sich das noch immer recht grüne Hohenschönhausen. Mittlere Gewerbebetriebe, Kleingärten und Gaststätten prägten das Bild. In den 1970er Jahren setzte durch das Wohnungsbauprogramm schließlich ein grundlegender Wandel ein. Der Bauboom bescherte dem Ort unzählige große Wohnkomplexe. Unter anderem entstand auch Neu-Hohenschönhausen im Nordosten des Quartiers – trotz einer Absichtserklärung wurde im Rahmen der Bauprojekte der historische Ortskern weitestgehend zerstört.
Nach der Wende gingen viele der Hohenschönhausener Betriebe ein. Die Kaufkraft im Bezirk ließ nach. Derzeit bemüht man sich mit verschiedenen Konzepten und einer Bürgerinitiative um die Belebung des Ortsteils. In Alt-Hohenschönhausen steht dabei vor allem der Erhalt der verbliebenen historischen Bauwerke im Vordergrund. Auch die Beseitigung von Leerstand und der Ausbau kultureller Angebote stehen im Mittelpunkt der kommunalen Arbeit.
Das Buch „Lichtenberg. Kurze Geschichte eines Berliner Bezirks“ (ISBN 978-3-00-043170-8) steht zum Ausleihen in allen Lichtenberger Bibliotheken bereit.