QIEZ-Geschichte(n)

Lichtenbergs Ortsteile: Karlshorst

Schöner wohnen: Nicht nur in der Waldsiedlung macht Karlhorst eine richtig gute Figur.
Schöner wohnen: Nicht nur in der Waldsiedlung macht Karlhorst eine richtig gute Figur.
Anlässlich des 725. Jahrestags der ersten urkundlichen Erwähnung Lichtenbergs hat das Bezirksamt die "Kurze Geschichte eines Berliner Bezirks" mit vielen Bildern und Informationen herausgegeben. Wir haben uns das Buch für euch angesehen und stellen euch heute die Geschichte von Karlshorst vor.

Wenn heute von Wohnungsnotstand die Rede ist, gelten relativ günstige Zweckbauten oder sogar Containerdörfer als Ausweg. Zur Zeit Kaiser Wilhelms war das ein klein wenig anders. In Anbetracht des „Berliner Wohnungselends“ gegen Ende des 19. Jahrhunderts brachte er 1891 den Bau der Colonie Carlshorst auf den Weg. Auf dem ehemaligen Vorwerk Carlshorst – einem von Carl von Treskow angelegten Gutshof – entstanden in den kommenden Jahren zahlreiche neue Landhäuser und Villen, die wohlhabenden Berlinern als neue Unterkunft dienten. Ab 1901 nannte sich die neue Siedlung offiziell Karlshorst, schnell erarbeitete man sich einen Ruf als „Dahlem des Ostens“. Nicht zletzt die ebenfalls in den 1890er Jahren angelegte „Galopprennbahn für Hindernis- oder Jagdrennen“ sowie der S-Bahnanschluss von 1902 sorgten dafür, dass sich konservative Beamte sowie Geschäftsleute gern hier niederließen. Doch auch linke Intellektuelle, Schriftsteller und Schauspieler fühlten sich im neuen Quartier wohl.

Das Prinzenviertel nordwestlich der Pferderennbahn bildete den ersten Bauabschnitt von Karlshorst, es folgten die Quartiere nördlich der S-Bahn-Trasse und die „Fliegerstation Friedrichsfelde“ im Osten, von der heute nur noch Überreste nordöstlich der Köpenicker Allee erhalten sind. Erst nach dem Ersten Weltkrieg machte man sich an den Bau der Waldsiedlung in der Wuhlheide, sie wurde in den 30er Jahren erweitert. Das Wachstum Karlshorst brachte natürlich auch den Ausbau der Infrastruktur mit sich. Es entstanden Schulen und medizinische Einrichtungen wie das St. Antonius Hospital, das einst zu den modernsten Krankenhäusern Deutschlands gehörte. 1920 wurde man Teil der Verwaltungsbezirks Lichtenberg – und lief der „Muttergemeinde“ Friedrichsfelde in Sachen Einwohner und Steuern noch vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs den Rang ab.

Die jüdische Bevölkerung, die in Karlshorst vor dem Zweiten Weltkrieg stark vertreten war – am Ende der Weimarer Republik zählte man 200 jüdische Haushalte, jüdische Unternehmer errichteten 1924 eine Funierfabrik – hatte, wie überall in Deutschland, stark unter den Nationalsozialisten zu leiden. Die Fabrik wurde bereits 1933 arisiert, nach 1945 zählte die jüdische Gemeinde nur noch 13 Mitglieder. Die ab 1936 errichtete Heerespionierschule in der Zwieseler Straße rückte in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit, als hier in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 von Vertretern der deutschen Wehrmacht die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet wurde. Später ließ sich in dem Gebäude die Sowjetische Militäradministration nieder, hier empfing die provisorische Regierung der DDR am 10.10.1949 ihre offizielle Bestätigung und heute ist der geschichtsträchtige Ort Sitz des Deutsch-Russischen Museums Berlin.

Ab 1945 verlor ein Großteil der Bewohner des Prinzenviertels zeitweise die Heimat – und das, obwohl Karlshorst weitgehend von Kriegsschäden verschont geblieben war. In dem Quartier wurde ein weiträumiges Sperrgebiet für die Militärverwaltung eingerichtet, erst 1948 durften einige Bewohner zurückkehren, 1964 wurde das Sperrgebiet endgültig aufgehoben. Kulturell ging es im Viertel recht rasch wieder aufwärts: 1945 nahm man den Betrieb auf der Pferderennbahn wieder auf, 1949 entstand als erster Theaterneubau nach dem Krieg die „Russenoper“ und 1950 zog die spätere Hochschule für Ökonomie an die Treskowallee. Studentenwohnheime, Verwaltungsbauten und Lehrgebäude entstanden. 1919 wurde der Komplex von der Hochschule für Technik und Wirtschaft übernommen.

Der Bau von Wohnungen und Industrie wurde am den späten 50er Jahren vorangetrieben. Es entstanden unter anderem Wohnungen in Großblockbauweise und neue Hallen für den VEB Möbelwerke Karlshorst. Nachdem 1994 die letzten sowjetischen Streitkräfte aus Karlshost abgezogen waren, konnte man im ganzen Ortsteil mit umfangreichen Sanierungs- und Renovierungsarbeiten beginnen. Heute ergreifen viele Familien die Gelegenheit, in der relativ grünen Umgebung günstiges Wohneigentum zu erwerben. Lediglich die Belebung und Aufwertung des Geschäftszentrums rund um den S-Bahnhof geht nur schleppend voran. Mit Kulturhaus, neu gestaltetem Stadtplatz oder einer eigenen Kiez-App möchte man auch auf dieser Baustelle rascher vorankommen.

Das Buch „Lichtenberg. Kurze Geschichte eines Berliner Bezirks“ (ISBN 978-3-00-043170-8) steht zum Ausleihen in allen Lichtenberger Bibliotheken bereit.

Deutsch-Russisches Museum Karlshorst, Zwieseler Str. 4, 10318 Berlin

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