Der Senat plant für die Nachnutzung des Flughafen Tegels ein riesiges Gewerbegebiet, dafür wurde schon der Flächennutzungsplan und das Landschaftsprogramm geändert und ein Bebauungsplan (12-50) aufgestellt. Kern der ganzen Planung ist die künftige Nutzung des Geländes als Sondergebiet „Forschung und Technologie“, wobei dies nicht nur auf die schon jetzt genutzten Gebäude bzw. Bereiche um das Terminal herum begrenzt sein soll, sondern auch große Teile des jetzigen Flugfeldes für diese Nutzung geplant sind – wenn auch mit höherem „Grünanteil“.
Der BUND begrüßt die Nutzung der Gebäude und der schon jetzt versiegelten Flächen südlich des Flugfeldes, hat aber – neben kleineren zu kritisierenden Punkten – vor allem gegen die bauliche Nutzung des Flugfeldes erhebliche Bedenken. Wesentliche Gründe für diese Bedenken sind die wichtigen Funktionen des jetzigen Flugfeldes für das Stadtklima, den Naturschutz und den Grundwasserschutz.
Klimatische Auswirkungen
Wie der Berliner Umweltatlas (Planungshinweiskarte Stadtklima) zeigt, ist das Flugfeld ein wichtiges Kaltluftentstehungsgebiet, dessen Kaltluft durch die südlichen angrenzenden unbebauten Bereiche entlang des Hohenzollernkanals und durch die Jungfernheide in die bebauten Gebiete abströmt und so zur nächtlichen Kühlung des überhitzten Stadtklimas beiträgt. Eine Bebauung des Flugfeldes würde die Kaltluftentstehung beeinträchtigen, eine zu dichte Bebauung des südlichen Bereichs würde das Abfließen in die Stadt beeinträchtigen. In Anbetracht der drohenden Erwärmung müssen diese klimatisch aktiven Räume auf jeden Fall erhalten bleiben.
Naturschutz
Grundwasserschutz
Das Flugfeld ist zu einem großen Teil als Wasserschutzgebiet des Wasserwerks Tegel ausgewiesen, die nicht ausgewiesenen Flächen sind aber wichtiges Grundwasserbildungsgebiet, denn hier kann das Niederschlagswasser ungehindert versickern. Das Wasserwerk Tegel ist für die Trinkwasserversorgung der Stadt wesentlich, da es eines der wenigen Wasserwerke ist, das von den zu erwartenden hohen Sulfatbelastungen der Spree unabhängig ist. Die Grundwasserneubildung wird durch die geplante Neuversiegelung (insgesamt etwa 90 Hektar) erheblich vermindert. Dazu kommt die Gefährdung durch die geplante Industrieansiedlung: Hier soll es sich zwar auch um forschungsnahe Industrien handeln, aber auch diese arbeiten ggf. mit wassergefährdenden Stoffen, die im Falle von schlechter Handling oder von Unfällen leicht in den Boden und wegen dessen schlechter Pufferwirkung und wegen des hohen Grundwasserstandes leicht ins Grundwasser gelangen können.
Abwägungsfehler
Diesen gravierenden Beeinträchtigungen steht ein nur schwach belegter Bedarfsnachweis gegenüber. Es wird zwar immer behauptet, dass Berlin industrielle Arbeitsplätze fehlen – was auch gut stimmen mag – aber dass dieser Mangel auf den Mangel an Flächen zurückzuführen ist, konnte keiner schlüssig darlegen. In Berlin gibt es nachweislich der ursprünglichen Zahlen des Senats keinen weiteren Bedarf an Gewerbeflächen (Stadtentwicklungsplan „Gewerbe“ von 2000) und so sahen die ursprünglichen Planungen für die Nachnutzung (Planwerk West von 2000) gar keine industriell-gewerbliche Nutzung vor. Erst nachdem die IHK 2008 diesen Bedarf in den Raum stellte, wies auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung diesen Bedarf in einem überarbeiteten Stadtentwicklungsplan Industrie und Gewerbe 2011 nach. Es ist müßig, über die Beweiskraft solcher Bedarfszahlen zu streiten, aber für jeden ist wohl erkennbar, dass der Niedergang der Berliner Industrie nicht mit Flächenmangel begründet werden kann.
Dies steht im völligen Gegensatz zu den frommen Worten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zum Umwelt- und Klimaschutz. So sucht man auch im Entwurf des Bebauungsplans für den Bereich südlich des Flugfeldes (12-50) vergeblich nach Festsetzungen, die die nötigen Klimaschneisen frei halten. Der Modellcharakter des Geländes als Forschungsstädte für Zukunftstechnologien wird zwar dauernd und vollmundig formuliert, aber nicht mal Standards für die besonders effektive Energieausnutzung, für besondere Wärmedämmung oder für regenerative Energieerzeugung lassen sich in diesem B-Plan finden.
Der BUND fordert deshalb:
• das Flugfeld absolut freizuhalten
• die gewerbliche Nutzung des bereits bebauten Bereichs bei Beibehaltung von Durchlüftungs- und Grünschneisen
• den Bau bzw. Umbau der notwendigen Gebäude müssen einen hohen Standard von Klima- und Umweltverträglichkeit entsprechen, so dass sich dieser Standort wirklich Modellstandort Zukunftstechnologien nennen kann
• die Behutsame Bebauung des an den Kurt-Schuhmacher Platz heranreichenden Teiles des Flughafens
• der Stummel der Stadtautobahn soll in eine Stadtstraße zur Erschließung dieses Bereiches umgewandelt werden
Dieser Text wurde uns zur Verfügung gestallt vom BUND Landesverband Berlin. Infos zu vielen anderen umweltpolitischen und infrastrukturellen Themen findest du auch auf www.bund-berlin.de.