Im Sommer hatte ich da schon gesessen, auf den langen Bänken auf dem Gehweg vorm Anno64 mit Blick nach Westen, denn die Sonne scheint so lange in die breite gerade Gneisenaustraße hinein bis sie untergeht. Und vor der Tür ist es ja ohnehin egal, in welcher Kneipe man ist, denn drin ist man ja gar nicht. Aber wie ist das im Winter?
Eine Freundin hatte Durst und sonst nichts, bitte kein Tischreservierentheater, keine englische Karte, kein „schon gewählt?“, sondern ein Bier und fertig. Wir trafen uns im Anno.
Am langen Tresen gleich hinter der gegen Zugluft mit Filz verhängten Tür hingen ein paar Gestalten und nuckelten abwechselnd an Gläsern und Zigaretten herum. Das Licht war trübe, die Wände schwarz oder mehrfach mit Flyern und Plakaten verkleistert. Von hinten hörte man das Klacken von Billardkugeln. Wir zogen uns Barhocker an einen hohen schmalen Tisch vis-à-vis der Bar, und bestellten, wofür wir gekommen waren. Die Humpen wurde geliefert, die Kellnerin rempelte unser Tischteil an, die Flasche, in der eine Kerze steckte, fiel um, das Wachs ergoss sich über meinen Ärmel. Huch!, aber ich war die Einzige, die das bemerkte. Die Freundin hatte ihren Kopf tief ins Glas versenkt und soff wie ein Pferd.
Am Tresen klammerte sich dann ein leicht angesoffenes Pärchen statt am Inventar aneinander fest, das ging natürlich nicht gut, und schon lag der Mann am Boden. Das nervte jetzt aber auch den netten Schlunz am Zapfhahn, und er kam herbei, hievte den Gestürzten wieder auf die Beine und legte ihm den Abschied nahe. Ja, fand dessen Begleiterin auch gut, und so zogen sie schwankend am dicken Vorhang vorbei hinaus ins kalte Dunkel.
Ein kühler Lufthauch, dann waren sie weg. Am Billardtisch klackte es weiter, „noch was trinken?“, „noch’n Flens“, der Zapfhahn rauschte. Wir waren entzückt.