Ein großes Gebäude mit weißgewaschenen Wänden, tiefem Dach und einer hohen Steinmauer bildet das Herz des Richardplatzes. Darin befindet sich die Rixdorfer Schmiede, die hier seit 1794 fest residiert. Jedoch wurde bereits 1624 ein Schmied urkundlich erwähnt, der auf dem Platz alle paar Wochen seine Dienste aus einem mobilen Stand heraus anbot. Denn, so sagt die heutige Hüterin des Feuers Gabriele Sawitzki, außerstädtische Konkurrenz an einem festen Ort erlaubte die Berliner Schmiedegilde nicht.
Seit Erbauung der Schmiede ruhte das Feuer nur ein Jahr, bevor sie 2004 die Räumlichkeiten bezog, sagt Sawitzki, die ihre handwerkliche Ausbildung als Maschinenschlosserin nach abgeschlossenem Ingenieursstudium mit 26 begann. „Damals fingen alle Frauen in diesem Beruf erst so spät damit an“, fügt sie hinzu.
Starke Frauen im klassischen Männerberuf
Deshalb setzte sich die Meisterschmiedin, die auch in der Prüfungskommission für Berlin tätig ist, schon früh als Organisatorin von Handwerkerinnengruppen dafür ein, diesen klassischen Männerberuf Frauen näherzubringen. „Bei der Zwischenprüfung waren leider immer noch nicht merklich mehr Frauen angemeldet. Die Quote lag bei drei Frauen zu 150 Männern“, sagt sie. Dafür läge das Einstiegsalter inzwischen bei 18 Jahren. Und für ihren langjährigen Einsatz erhielt sie kürzlich die von der Handwerkskammer und der IHK gestiftete Franz-von-Mendelssohn-Medaille für soziales Engagement im Betrieb.
Die Schmiede sei für viele fortgegangene Neuköllner ein Anlaufpunkt bei Heimatbesuchen, weil sich ein großer Teil des Lebens in Rixdorf hier abspielte, berichtet sie. Sie hält eine der teilweise hundert Jahre alten Zangen hoch: „Damit kann man besonders gut Hufeisen bearbeiten. Das brauchen wir, wenn zu Weihnachten, wie jedes Jahr, gut 20.000 Menschen an drei Tagen durch die Schmiede strömen“, sagt sie. Dann lasse sich der Berliner nämlich gerne ein glücksbringendes Hufeisen beschriften, um es zu verschenken.
Aktiv in der Ausbildung und im Kiez
Der Betrieb mit seinen zwei Mitarbeitern und zwei Auszubildenden ist aber nicht nur zu Weihnachten aktiv. Auch bei der gerade stattfindenden „Woche der Sprache und des Lesens“ ist er am heutigen Freitag um 16 Uhr Schauplatz einer Lesung für Hörende und Gehörlose dabei. Samstag und Sonntag verkauft Martin Böck von der Schmiede ab 14 Uhr seine handgefertigten Messer auf dem Kunsthandwerkermarkt des 179. Rixdorfer Strohballenrollens, „Popráci“, auf dem Richardplatz.
Sawitzkis erstes eigenständiges Werkstück war ein Fahrradständer, verrät sie. Ihre Azubis indes gestalten alle zwei Jahre den Pokal für den „Nachbarinneuköllnaward“. Dieser sei dieses Jahr besonders schön, die fertige Form allerdings noch geheim. Der Preis wird am heutigen Freitagnachmittag in der Neuköllner Genezareth-Kirche verliehen.
Wie das Feuer die Menschen in seinen Bann zieht
Sawitzki, die sich seit ihrer Ankunft sehr wohl im „dörflich schönen Rixdorf“ fühlte, weiß um die herausragende Position des Hauses, das sie sich mit dem Frauenförderverein und den Freunden der Rixdorfer Schmiede teilt. Oft kämen Besucher aus anderen Städten und dem Ausland, weil sie neugierig seien auf diesen Ort in Neukölln, der nicht in das Ghetto-Bild passt.
Auch offizielle Gäste wie der frühere Bundeskanzler Willy Brandt kamen zur Besichtigung. Deshalb wolle sie ein offenes Haus für alle haben, aber Besucher kämen am besten sonntags zwischen 14 und 17 Uhr, schlägt Sawitzki vor. Auch kostenpflichtige Vorführungen der Schmiedekunst für Schulklassen und andere Gruppen seien möglich. Die angebotenen Schmiedekurse seien aber nach ihrer Ankündigung im Netz meist sofort ausgebucht.