Um halb zwölf beginnt die Reise am Bahnhof Bundesplatz und das erste Hindernis wartet nicht lange: Die eigentlich geplante Route gegen den Uhrzeigersinn mit der S42 wird blockiert. Zwischen Südkreuz und Bundesplatz besteht nämlich Ersatzverkehr mit Bussen. Der Grund ist weder eine kaputte Klimaanlage noch ein Einkaufswagen auf den Schienen, hier wird schlicht und einfach gebaut. Die 20 Jahre alten Gleise müssen erneuert werden.
Auffallend ist die Fülle an Infos, die man dort über die Unterbrechung finden kann. Neben den Ansagen, die gefühlt alle dreißig Sekunden über den Bahnhof schallen, sind auch Flyer ausgelegt, Bahnhofspersonal ist ebenfalls anwesend. Gute Organisation bringt normalerweise niemand mit der S-Bahn in Verbindung, diesmal muss man sie aber mal loben.
Die Bahn kommt und die Fahrt im unvollständigen Ring geht los. Mit Seeed im Ohr trete ich die Reise in der noch sehr leeren Bahn an. Entlang der A100, vorbei an vielen nicht sehr ansehnlichen Wohnhäusern kommt der erste Stopp: Berlin-Halensee. Am Touristenmagnet Ku’damm vermutet man eigentlich Unmengen von Kamera und Rucksack tragenden Menschen, doch diese Seite der Einkaufsmeile will niemand sehen. Die begehrte Seite ist gute drei Kilometer vom jetzigen Standort entfernt, zu weit weg für die Tourismusschwärme. Kurz umgesehen und weiter geht’s mit der Bahn, die gerade kommt.
Mittags im Prenzl‘ Berg
Pünktlich zum Mittag riecht es in der Bahn nach Essen. Der Ursprung ist schnell gefunden, als sich eine Dame mit einem Stück Pizza auf den Platz neben mir setzt. Mit knurrendem Magen steige ich also Gesundbrunnen aus und bekomme tatsächlich ein Appetithäppchen geschenkt. Hier vor den S-Bahnausgängen verteilen lila gekleidete Menschen Milka Toffees.
Guckt man sich am Gesundbrunnencenter um, fällt einem besonders die große gesperrte Fläche auf. Wie schon vor einem gefühlten Jahrzehnt angekündigt will die Bahn hier ein großes Empfangsgebäude mit Serviceschaltern und allem Pipapo bauen. Bis Mitte 2014 müssen sich die Reisenden jedoch erst einmal mit einem Ersatzserviceschalter zufrieden geben. Und weil in Berlin ja eh alle Großbaustellen mindestens ein halbes Jahr länger bleiben als geplant, sollte man sich schon mal an den zukünftigen Lärm gewöhnen.
Die herannahenden Menschenmassen lassen mich wieder in die gemütliche Ringbahn flüchten und bis zur Schönhauser Allee fahren. Das ist mein Kiez und hier werde ich meine Mittagspause verbringen. Rund um den Bahnhof findet man schließlich zahlreiche Imbisse und Restaurants, zum Beispiel Aceto Lokanta in der Wichertstraße. Günstig und lecker ist hier das Motto: Für schlappe 2,50 Euro bekommt man eine leckere, normal große Pizza mit ausreichend Belag.
An jeder Ecke eine Baustelle
Weiter geht die Fahrt im Ostteil der Strecke. Vorbei an Altbauten, dem Velodrom und der Frankfurter Allee fahre ich zum nächsten Knotenpunkt: dem Ostkreuz. Das Aussteigen wird hier zur Tortur. Ein Ellenbogen im Magen, eine Tasche am Knie und Haare im Gesicht, kurz gesagt die Hölle für alle Bahnfahrer. Endlich raus aus dem Gewimmel steigt einem der Duft von allerhand Essen in die Nase. Auf jedem Bahnsteig findet man einen Backshop oder Imbiss. Ich gucke durch die riesige Glasfront direkt auf eine weitere Baustelle, wie es sie fast an jeder Haltestelle gibt. Sehr verwunderlich ist, dass niemand dort arbeitet, ähnlich wie am Bahnhof Gesundbrunnen, wo nur eine Handvoll Arbeiter auf der Baustelle waren.
Trotz der eben abgefahrenen Bahn warten schon wieder Massen an der Haltestelle. Mühselig schiebt sich alles in den Zug und ab geht es zu meinem letzten Halt mit der Ringbahn. Am Südkreuz angekommen fällt es erst mal schwer, sich zu Recht zu finden. Überall stehen Schilder mit der Info, dass ab hier ein Ersatzbus weiterfährt, wo dieser hält jedoch nicht. Auf dem Boden entdecke ich schließlich rote Fußspuren, die den Weg zum Ersatzverkehr leiten. Doof nur, dass man die bei einem vollen Bahnsteig nicht sieht.
Erschöpft warten rund vierzig Leute auf den Bus, der kurz darauf auch kommt. Alle drängen sich rein und der Bus fährt ab, mit nur rund zwei Drittel der wartenden Menschen an Bord. Nach fünf Minuten kommt der nächste und wieder schiebt sich alles auf einmal durch die engen Türen. Erschöpft fahre ich bis Bundesplatz, wo meine Tour endet – zumindest für heute.