Der Senat hat seine Großbaustellen nicht unter Kontrolle. Die Eröffnung der Staatsoper Unter den Linden muss, wie schon die des Flughafens, verschoben werden – um ein Jahr. Darüber gab die Senatsbaudirektorin Regula Lüscher am Freitag bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz Auskunft. Der ebenfalls angekündigte Kulturstaatssekretär André Schmitz kam nicht. Dabei bringt die auf den April des Jahres 2015 verschobene Eröffnung der sanierten und erweiterten Staatsoper den Spielplan und die Finanzen des Hauses ordentlich durcheinander.
Funde, mit denen keiner gerechnet hat
„Die Verschiebung ist sehr schmerzlich, insbesondere für die Staatsoper“, meinte Lüscher. Aber die Alternativen dazu, eine Bespielung des Hauses in „halbfertigem Zustand“, seien nach gemeinsamen Überlegungen mit einer eigens eingesetzten „Task-force“ verworfen worden. Lüscher sagte, sie sei Anfang März über das drohende Desaster in Kenntnis gesetzt worden und habe binnen zwei Tagen Senatskanzlei und Staatsoper informiert. Dennoch wolle man trotz der Fehlplanung das 242 Millionen Euro große Budget für die Arbeiten einhalten.
Ursache für den Zustand sind bei der Staatsoper Holzpfeiler, die während Arbeiten zur Verankerung des Gebäudes in einer Tiefe von 17 Metern unter dem Pflaster entdeckt wurden. Landesarchäologe Matthias Wemhoff glaubt, dass die Kiefernpfähle zur Verstärkung der im 17. Jahrhundert dort errichteten Festungsmauer Berlins in das Erdreich gestoßen wurden. Er zeigte sich überrascht von dem „ungewöhnlichen“ Fund. Lüscher sprach gar von „unerklärlichen“ Funden, weil die Technik damals solche Gründungen wohl kaum zuließen.
Die Holzpfähle machen es unmöglich, dass die Staatsoper auf festem Boden gründet. Denn den Sockel des Gebäudes wollen die Bauleute aus einem Beton-Sand-Gemisch gießen, das in das Erdreich mit gewaltigen Pumpen und großem Druck eingespritzt wird. Die historischen Holzpfähle sind ein Risiko für die Tragfähigkeit dieses Fundaments. Daher muss nun mehr Beton tiefer in den Boden gespritzt werden. Bei der Verankerung der Staatsoper im Erdreich ist große Sorgfalt geboten, denn das Untergeschoss des Gebäudes ist von Grundwasser umspült, das gewaltige Kräfte ausübt.
Empörung über die Entwicklung
Der Intendant der Staatsoper Jürgen Flimm wurde erst am Donnerstag über die neue Entwicklung informiert. Auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz zeigte er sich entrüstet über den Ablauf. Zusammen mit Generalmusikdirektor Daniel Barenboim habe er noch am 26. April mit dem Regierenden Bürgermeister folgendes Szenario besprochen: Eine erste Inszenierung am 3. Oktober 2014 aufzuführen und nach ein paar Wochen Spielzeit das Haus wieder zu verlassen, damit es bis Ostern 2015 fertig gestellt werden kann.
Barenboim erklärte: „Wir können das in Form und Inhalt nicht akzeptieren.“ Er wolle am besagten Termin „unbedingt festhalten“. Die Einnahmeausfälle im kleineren Schiller-Theater belaufen sich laut Flimm auf vier Millionen Euro im Jahr. Die Rücklagen seien nun ausgeschöpft. Die Kosten der weiteren Verzögerung müsse der Senat zusätzlich bewilligen. Lüscher hat vor, die zusätzlichen Baukosten aus dem „Polster im Budget“ in Höhe von 18 Millionen Euro abzudecken, das für solche Notfälle angedacht sei.