Ernst Thälmann blickt siegessicher die Greifswalder Straße hinunter, seine Faust ist geballt. Hinter dem gewaltigen Torso des 1944 ermordeten Chefs der Kommunistischen Partei Deutschlands erheben sich Hochhäuser in Gestalt aufgefächerter Bücher, ein großer Park, Plattenbauten, eine Schwimmhalle, die ehemalige „Mich-Eis-Bar“, das Kulturzentrum Wabe. „Hier fühlen sich alle wohl“, lautet Helga Ulbrichts Urteil über das Leben in dem Quartier: Die Mieten seien erschwinglich, die Fenster dreifach verglast und die Wände gut isoliert.
Prestigeprojekt der DDR
Nur wenige Jahre vor dem Fall der Mauer wurde die Siedlung vollendet. Seit Januar gilt sie nunmehr als „gestalterischer und funktionaler Höhepunkt der (ganzen) Ost-Berliner Wohnungs- und Stadterweiterungspolitik“. Deshalb müsse das „Prestigeprojekt der DDR“ erhalten bleiben, fordern die Denkmalpfleger in dem Bericht, der dem Tagesspiegel vorliegt. Das findet Anwohnerin Ulbricht auch: „Der Ernst-Thälmann-Park wird als Erinnerung an die DDR gebraucht.“ Alle anderen Bauten aus dieser Zeit, der Palast der Republik und das Lenin-Denkmal, seien ja schließlich längst abgerissen.
Denkmalschutz für ganze Ensembles aus der Zeit der DDR-Moderne, das ist ein neuer Trend in der Berliner Stadtentwicklung. Waren zuvor vor allem Einzelbauten wie das Haus des Lehrers oder die „Zuckerbäckerbauten“ an der östlichen Frankfurter Allee unter Schutz gestellt worden, geraten nun verstärkt ganze Häuserzeilen, Quartiere oder Planungsgebiete in den Blick der Politik. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hatte im vergangenen Jahr sogar ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Schutzwürdigkeit aller Bauten aus DDR-Zeiten rund um den Alexanderplatz neu bewerten soll.
Der Dornröschenschlaf ist vorbei
Zum „letzten Fort der DDR“ hatte eine Boulevardzeitung die Siedlung schon einmal erklärt. Und einige Bewohner, die ihren Namen lieber nicht nennen wollen, sehnen jedenfalls in dieser Hinsicht alte Zeiten zurück: „Früher war das Denkmal angeleuchtet und jeden Tag lief die Polizei vorbei, da wurde nichts angeschmiert“, sagen sie mit Blick auf das Graffiti. Und überhaupt: „Zu DDR-Zeiten war der Park mal schön“ – inzwischen aber ziemlich verkommen. Wehrhafte Bewohner gründeten deshalb vor gut einem Jahr die „Initiative Ernst-Thälmann-Park“. Den Anstoß hätten die spürbaren „Begehrlichkeiten von Investoren“ gegeben. Rund um den Park seien Neubauten entstanden. Mit dem „25-jährigen Dornröschenschlaf“, in dem die Siedlung lag, sei es jedenfalls vorbei.
Bis in den Westen sogar? Auch dort lässt das Landesdenkmalamt prüfen, welche Projekte der Internationalen Bauausstellung (IBA 87) unter Schutz gestellt werden. Bauten, Ensembles oder Gartenanlagen, die bis 1990 entstanden, können als „Zeugnisse einer abgeschlossenen Geschichtsepoche“ als Denkmale eingetragen werden. Jede „Veränderung“ an den Denkmälern sei dadurch zwar nicht ausgeschlossen – Eingriffe müssten aber abgestimmt und genehmigt werden.