Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez

DJ Nicolino: Früher war hier Rock’n’Roll

Nicolino liebt den roten Teppich, wie etwa hier bei der GQ Männer des Jahres 2013-Gala.
Nicolino liebt den roten Teppich, wie etwa hier bei der GQ Männer des Jahres 2013-Gala.
Schönhauser Allee – Nachts ist Nicolino Hermano in den Clubs und auf den VIP-Events dieser Stadt zu Hause. Uns hat der DJ erzählt, wo er schon seit 13 Jahren tagsüber daheim ist, was sich dort seitdem verändert hat und wie es sich anfühlt, für Madonna aufzulegen.

DJ Nicolino Hermano sitzt pünktlich um halb zwölf am Tisch im Café Manolo, direkt an der Schönhauser Allee, Ecke Danziger Straße. Allen Vorurteilen, die seine Zunft und auch seine südländische Herkunft betreffen, zum Trotz. Seit 13 Jahren wohnt er auf der Ecke, in einer 80 Quadratmeter großen Altbauwohnung mit Balkon, hohen Decken – und dem Schlafzimmer zum Innenhof. Die Ecke direkt an der U-Bahn Eberswalder Straße zählt schließlich nicht gerade zu den ruhigen im Bezirk.

Nicolino liebt seinen Kiez. „Hier passiert alles! Es wird einem nie langweilig, man kann alles erleben“, findet er. „Und wenn man so wie ich 13 Jahre hier verbracht hat, hat man auch die starke Entwicklung miterlebt. Viele sagen ja, dass alles negativ ist, ich sehe es positiv. Wenn es Biobäcker gibt, dann ist das doch gut! Entwicklung ist grundsätzlich etwas Positives! Wem das nicht gefällt, der kann ja wegziehen.“ Nach Stationen in Süddeutschland, Köln und Hamburg fühlt sich der gebürtige Italiener in Berlin so richtig angekommen. Nur eine Sache nervt ihn: Service-Personal, das sich zu cool fühlt, um höflich sein zu müssen.

Erinnerungen an den früheren Prenzlauer Berg

Früher sei in diesem Eckhaus ein Humana Second Hand-Laden gewesen, erinnert sich der DJ und schmunzelt: „Es hat immer gemuffelt.“ Dann zeigt er auf den Modeladen Zartbitter, gegenüber auf der Kastanienallee. „Dort war ein alter kleiner Tabakladen, dessen Inhaber verstorben ist. Daneben, dort, wo heute im Erdgeschoss eine Filiale der Sparkasse ist, gab es im dritten Stock in einer 200 Quadratmeter großen Wohnung den ‚Rodeo Club‘. Da waren Netze ums Haus gespannt, weil Stücke herunterfielen“, sagt Nicolino. „Es gab überhaupt viele kleine Clubs, in denen sich Individualisten und Künstler herumtrieben. Zum Beispiel auf dem Kulturbrauerei-Areal gab es in jedem einzelnen Laden einen Club oder eine Bar, richtige Bretterbuden, in die viele Studenten gingen. Auf den Straßen haben Punkbands gespielt. Abends waren auf der Straße Crêpes- und Brezelverkäufer unterwegs. Es gab keine Parkautomaten, keine glatten Gehwege, hier war Punk und Rock’n’Roll, es war geil damals! Aber alles zu seiner Zeit, mir fehlt das heute nicht.“

Den guten Kaffee im Manolo schätzt der Entertainer genauso wie das Restaurant Osmans Töchter mit seiner türkischen Hausmannskost und dem südländischen Temperament der Inhaberinnen. Sein Kiez sei zwar seine Heimat, dennoch findet es Nicolino „wichtig, auch mal aus dem eigenen Kiez rauszufahren, andere Leute zu sehen, ein anderes Umfeld zu haben.“ Deshalb kann er in seinem Viertel auch nicht so viele Lieblingsläden aufzählen. Was ihm definitiv fehle, sei ein richtiges, schön gepflegtes Freibad. „Dann könnte ich dort früh schon meine Bahnen ziehen, so wie ich es auch in meiner Heimat in Süditalien, wo ich aufgewachsen bin, immer im Meer mache“, sinniert er.

Begegnungen mit Nena, Katy Perry & Co.

Natürlich wollten wir von Nicolino auch wissen, was sein favorisierter Club ist. Besonders in sein Herz geschlossen hat er die Tube Station. „Einmal geben einem die Gäste das Gefühl, dass jeder jeden lieb hat, es ist alles friedlich und außerdem sind die Betreiber echt coole Jungs“, erklärt der DJ. „Ich kenne den Club schon, seit er vor vier Jahren aufgemacht hat. Dort fühle ich mich zu Hause.“ Auch den Asphalt Club, das Felix, das The Grand, das Picknick, das Cookies und The Pearl mag er sehr. Als DJ, der bevorzugt Hip Hop, Disco und R’n’B, eben Gute-Laune-Mucke, auflegt, arbeitet Nicolino seit 20 Jahren. Er hat seitdem in vielen Bands gesungen, z.B. der von VIVA ausgezeichneten Newcomer-Band des Jahres 1999, The Bastards. „Das war witzig dort, Oliver Pocher hatte an dem Tag, als ich im Studio war, seinen ersten Tag als Praktikant“, erzählt er grinsend. „Er und Milka interviewten mich damals.“

Überhaupt hat Nicolino viele interessante Geschichten auf Lager. Wie etwa seine Begegnung mit Nena in Hamburg: Als er dort solo auf seiner Gitarre spielte, sprach sie ihn an und gab ihm Tipps, wie er sein Instrument stimmen solle und was er noch besser machen könne. „Weißt du, ich liebe die Bühne!“, erklärt er mit strahlenden Augen. Wenn er auf Veranstaltungen Katy Perry kennenlernt, bei einer Filmpremiere in Cannes auflegt oder Robert De Niro trifft, ist das für ihn nicht mehr oder weniger wichtig als seine „normalen“ Jobs in den Berliner Clubs. Nur als ein DJ aus Madonnas Crew ihm Komplimente machte und die ganze Mannschaft zu „seiner“ Musik abging, darüber freute er sich dann doch sehr.

Manolo, Schönhauser Allee 45, 10435 Berlin

Telefon 030 24627958

E-Mail schreiben


tgl. ab 7:00 Uhr

Weitere Artikel zum Thema