„Ist das ein Gewusel hier, ist das schön!“, lacht Monika Herrmann, die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg. Die Kinderliebe nimmt man ihr vom ersten Moment an ab: Als die Versammlung der Kiezdetektive noch gar nicht begonnen hat, sieht sie sich schon die Werke der Kinder im Saal der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) genau an, schüttelt die kleinen Hände der aufgeregten Ehrengäste, posiert Arm in Arm mit ihnen auf Fotos. Die Kinder sind natürlich stolz. Darauf, dass sie heute im Rathaus sein dürfen, dass sie echte Politiker treffen und dass sie ihre Arbeit der vergangenen Wochen vorstellen können.
Neben Frau Herrmann sind auch vier Stadträte gekommen, zu deren Schwerpunkten die Themen Schule, Soziales, Kultur, Planen und Bauen gehören. Letzterer, Hans Panhoff, wird von der Bürgermeisterin kurzerhand zum „Spielplatz-Stadtrat“ gemacht, damit die Viertklässler noch besser verstehen, worum es geht. Trotzdem haben sie haufenweise Fragen. Sie wollen zum Beispiel wissen, warum es so viele Obdachlose auf der Straße gibt. Ein bisschen muss man die jungen Leute zügeln, damit man überhaupt dazu kommt, über die vorbereiteten Plakate zu sprechen. Direkt im Anschluss äußern sich die Politiker zu den individuellen Problemen jeder Klasse.
„Gerade die Kleinen haben ja eine andere Perspektive“, weiß Monika Herrmann und plädiert dafür, sich nicht selbst auszudenken, was im Sinne der Kinder geändert werden könnte, sondern sie zu fragen. Die Anregungen, die von den Kiezdetektiven kommen, sind oft nachvollziehbar und anregend, manchmal aber auch abenteuerlich – und treiben den anwesenden Politikern, Lehrern und Eltern das eine oder andere Lächeln ins Gesicht.
Die Kinder der Ludwig-Hoffmann-Schule in Friedrichshain loben ihre Spielplätze, beschweren sich aber über Hundekot und Müll auf dem Comenius-Platz. Außerdem sei die Seilbahn auf dem Pinguin-Spielplatz völlig ausgeleiert und es bestehe Verletzungsgefahr durch Splitter. Auf dem Marchlewski-Spielplatz stünden Geräte herum, mit denen wüssten die Kinder gar nichts anzufangen, dafür fordern sie Schilder mit Erklärungen. Das ganze Grafitti und den Müll vor ihren Schulen finden zudem alle Kinder doof.
Auch an der Lemgo-Schule im Kreuzberger Gräfekiez klagen die Schüler über Müll. Die neunjährige Dilan hat schon vor ihrer Haustür die Nase voll: „Der Hof ist meistens sauber, aber auf der Straße sieht es unmöglich aus!“, hat sie auf ihr Plakat geschrieben. Einen großen Pool mit Klettergerüst und Rutsche wünschen sich die Kinder der Lemgo-Grundschule, aber auch eine Bank oder einen Garten mit Blumen auf einem der Spielplätze nahe der Schule.
„Den Kindern hat das Projekt riesigen Spaß gemacht“, weiß Frau Lischka, die Klassenlehrerin von Dilan, Donja und den anderen. Allerdings seien die Kiezdetektive nun gleich in ihren nächsten großen Fall geschlittert: „Den Rundgang haben wir rund um die Schule gemacht, im schicken Gräfekiez“, erzählt sie. Fast 90 Prozent der Schüler kämen aber aus türkischen und arabischen Familien, die sich im direkten Umfeld der Schule gar keine Wohnung leisten könnten. Stattdessen lebten viele in der Werner-Düttman-Siedlung an der Urbanstraße, zu der die Kinder nochmal ganz andere Dinge zu sagen hätten.
Dazu passt, dass die Stadträte, Bürgermeisterin Herrmann und die anwesenden Kinder gemeinsam überlegen, welche Probleme an den Schulen jetzt angegangen werden müssen. Für Herrmann zählt neben den einzelnen Problemen auch das große Ganze. „Na klar kann man den Kinderbauernhof und den Zirkus in Kreuzberg verkaufen. Aber was ist dann mit den Zwergen?“, fragt sie, als die Kinder nach einer Runde Getränken und Keksen schon auf dem Weg nach Hause sind. „Wir brauchen im Bezirk Orte, wo Kinder sich wohlfühlen, im Idealfall auch noch ohne U-Bahn zu fahren und Geld auszugeben.“ Etwa den Landwehrkanal, den manche Kinder aus der Urbanstraße noch vor wenigen Wochen gar nicht kannten. Als Kiezdetektive konnten sie auch diesen schönen Ort für sich entdecken.