Wir treffen die 80-Jährige nach dem sechswöchigen Tourauftakt von „In alter Frische“. 450 Kilometer hat das Theaterensemble täglich zurückgelegt, ständig für einen Auftritt aus- und wieder eingepackt „und wenn du Pech hast, haben die im Hotel danach nicht mal mehr zu fressen“, beschreibt Frau Grothum die Strapazen. Diese Schauspielerin ist Herz und Schnauze in Perfektion. Am S-Bahnhof Nikolassee hakt sie sich bei uns unter: „Jetzt gehen wir erstmal bei Sabine einen Kaffee trinken.“
Die beste Bäckerin am See
Die empfängt uns mit Cappuccino und selbstgemachten Gebäck. Geschäftsleute und Anwohner haben vor ein paar Jahren ganz selbstverständlich Spenden gesammelt, als ihr Eiscafé abgebrannt ist. Diesen Zusammenhalt gebe es nur noch selten, schwärmt Sabine. Mit Stammkundin Grothum tauscht sie den neuesten Tratsch aus: Wie macht sich der neue Grieche gegenüber? Und wie geht es der Dame mit dem Rollator, die hier täglich ihre Runden dreht? „Ein Stand wie hier ist ein Kommunikationsklotz. Hier trifft man sich und kann beim Einkaufen noch anschreiben“, sagt Grothum.
Weil sie schon seit 40 Jahren im Kiez lebt, kann sie auch bei Josef im Blumen- und Gemüseladen schwatzen und später bezahlen oder im Buchhandel der Ladenzeile; „Der lebt nur davon, dass mein Mann hier jeden Tag ein Buch kauft“, vermutet die Schauspielerin. Bevor sie mit der Familie nach Zehlendorf zog, hat Grothum in Thüringen, Sachsen, Brandenburg und der Berliner Innenstadt gewohnt. Gemeinsam gehen sie gern in das Restaurant Fischerhütte, außerdem könne man im Wirtshaus an der Rehwiese besonders gut und auch im Garten essen. „Ich bin selbst keine Expertin im Kochen“, gibt Grothum zu, darum bestelle sie mit ihrem Mann auch manchmal beim Thailänder.
Für Kochkunst blieb im Leben der Magda aus den „Drei Damen vom Grill“ auch wenig Zeit. Die Schauspielerin weiß, dass ihr die Rolle aus der Kultserie anhängt, ebenso wie das „Jedermann“ Schauspiel, für das Grothum 28 Jahre lang Regie führte. Auf ihr Konto gehen aber hunderte von Film-, Fernseh- und Theaterauftritten. An ihre Lieblingsrolle erinnert sich Grothum noch genau: „Mein Highlight war die Julia aus ‚Romeo und Julia‘ im Jahr 1962“. Das könnte sich aber noch ändern: „Es gibt noch Träume!“, sagt die Wahl-Berlinerin. Die Atossa aus „Die Perser“ würde sie gern spielen, außerdem „Die Irre von Chaillot“. Wie man letztere buchstabiert, hat die junggebliebene Dame übrigens kurzerhand in ihrem Smartphone nachgeschaut.
„Ich bin kein Snob, aber das habe ich noch nie gemacht“
Um uns die Rehwiese zu zeigen, auf der sie bei schönem Wetter gern ihre Texte probt, steigen wir zu Brigitte Grothum ins Auto. Sie genieße es, damit in nur zehn Minuten über die Avus in die Innenstadt zu kommen, sagt sie. Wo sich dort die Schauspieler treffen, wisse sie noch immer: Im Diener Tattersaal in der Grolmannstraße. Früher sei man außerdem oft in die Schildkröte in Charlottenburg gegangen. „Heute ist das ein Esslokal, aber der Wirt ist noch sehr schauspieleraffin.“ Doch eins nervt die Schauspielerin an Berlin: „Dass ununterbrochen alles zusammengesperrt ist. Ich bin kein Snob, aber zwei Dinge habe ich noch nie gemacht: S-Bahn und Straßenbahn fahren.“
Fit hält sich die Rothaarige stattdessen beim Fahrradfahren und beim wöchentlichen Tennisspielen gegen ihren Mann. Die Stadt fehle den beiden am Nikolassee überhaupt nicht. „Wir sind als junge Menschen so viel um die Häuser gezogen, jetzt genießen wir unser Alter“. Und das hat Brigitte Grothum schon immer besonders locker genommen. Früher habe sie geraucht, das eine oder andere Gläschen getrunken und es mit dem Abschminken auch nie so genau genommen. Wenn eine trotzdem so fit und schön geblieben ist, dann muss der Jungbrunnen wohl am Nikolassee liegen.
Am 5. März ist Brigitte Grothum mit dem Wallace-Klassiker „Das Gasthaus an der Themse“ im Wirtshaus Moorlake zu sehen. „In alter Frische“ gastiert vom 21. August bis zum 6. November 2016 an der Komödie Berlin.
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