Was sich bewährt, kann weitergehen. So geht es dem Fair-Miet-Salon von Aussergewöhnlich Berlin. Beim ersten Mieter-Vermieter-Politiker-Treffen in Hellersdorf im September kamen gute Diskussionen zustande. Also wurde geschwind ein weiterer Termin für den illustren Club ausgemacht – diesmal in Spandau, in der Galerie Havelspitze.
Der schon immer etwas spezielle Bezirk hat schließlich einen mustergültigen Wandel hinter sich. Um es mit Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank zu sagen, hatte „auch Spandau Anteil an der Bevölkerungsexplosion. Und wir haben das nur durch Neubauten, Falkenhagener Feld für 30000 Leute, gelöst.“ Wieso also nicht das Seengebiet als Aufmacher nutzen für ein Gruppengespräch. Neben Kleebank sind Immobilieninvestor Karl Samoning und Reiner Wild vom Berliner Mieterverein dem Aufruf gefolgt, ebenso Manuel Heide, CDU-Mitglied im Abgeordnetenhaus, und seine Gegenspielerin Katrin Schmidberger von den Grünen in Kreuzberg. Roland J. Stauber, Geschäftsführer der berlinovo Immobilien Gesellschaft mbH, war schon beim ersten Treffen des Salons dabei. Neben den überregional aktiven „alten Hasen“ komplettierten die Spandauer Herren Al Zaben, El Ammar und André Wecker den Diskurs.
Wo die Diskrepanz herkommt
Karl Samoning zieht dabei gerne seinen als Smartphone getarnten Taschenrechner hervor und rechnet vor: „Wir brauchen vernünftige Mieten. Neubau geht nicht unter 10 Euro. Brandschutz, Grundwassserhaltung, Bauzeitverzögerungen. 10 Euro, dann darf im Neubau aber auch nichts schiefgehen. Dabei kommen 5 Prozent Rendite heraus, vielleicht.“ Für die Mieter agumentiert Wild, „bevor wir den Punkt erreichen, an dem Angebot und Nachfrage ausgeglichen sind, werden uns die Investoren abspringen.“ „Wir können nur die rechtlichen Rahmenbedingungen sichern“, erklärt Manuel Heide, dass es für den Mieter teurer werden kann: „Der Vermieter, das ist manchmal das schwarze Schaf.“
Der Vergleich zu London
Heide erinnert oft mahnend an das Chaos der früheren Ost-West-Teilung, sieht die heutige Hauptstadt im internationalen Vergleich aber gut gestellt: „Wir sind in Berlin noch gut durchmischt. Im Vergleich zu London, Paris haben wir hier keine Banlieues, keine Ghettos. Klar, wir haben auch Problemviertel. Aber wir brauchen dort wieder eine bessere Durchmischung der Bevölkerung.“ Wenn er und Karl Samoning von Londoner Verhältnissen sprechen, wo in einer Woche das an Miete gezahlt wird, was hier im Monat fällig wird, wenn der Investor Samoning sagt, „in Frankfurt und München zahlt man doppelt so viel für eine Wohnung“, fragt Schmidberger in die Runde, ob wir darauf zusteuern wollen: „Wir müssen uns doch gar nicht mit London vergleichen! Wir wollen keine Zustände wie in London und 3er WGs mit Vollverdienern.“ Auch Roland Stauber sieht den London-Paris-Vergleich kritisch: „Ich finde als Vergleich passt derzeit Washington besser. Hier gibt es Regierung und Tourismus. Wir müssen aufpassen, dass das wirtschaftliche Fundament breiter wird.“
Wo sich alle einig sind
Wo sich alle einig sind: Trabantenstädte will keiner. Und „die eine Lösung“ für alle Mietprobleme gibt es erst recht nicht. Vielschichtig, ganzheitlich – de facto mit Alt- und Neubauten, mit Sanierungen und Sozialbau – muss das Wohnproblem angegangen werden.
Da bleibt die vorgeschobene „Miet-Diskussion“, was sie war: ein abendliches Pläuschchen zwischen Berliner Elite und lokalen Mietern – nicht festgefahren, aber doch zurückgelehnt und mit unabrückbaren Standpunkten belegt. Eine Talkrunde ohne Fernsehpublikum. Was bedeutet, nach der richtigen Diskussion fand der wichtige Visitenkartenaustausch statt. Jetzt können sich Karl Samoning und Katrin Schmidberger auch privat giftige Blicke zuwerfen, Roland Stauber sieht man bestimmt in der nächsten Runde des Fair-Miet-Salons wieder.
„Während der Diskussion dachte ich noch: Okay, netter Stammtisch. Das spätere Networking hat die eingeladenen Mieter dann aber vollends auf ihre Plätze verwiesen. Ein Kennenlernspielchen der großen Fische eben, bei denen der kleine Mann zu schmückendem Beiwerk wird.“