Pates reicht ihn über den Sims hinweg. „Wenn du nachher mal einen Moment hast – ich sitz draußen im Hof“, sagt die Kundin und verschwindet mit der Tasse ums Eck. Nächster Kunde, nächster Kaffee. „Hey, wie geht’s dir?“
Durch das Fenster haben Benjamin Pates, 28, und sein Partner Namy Nosratifard, 34, schon viele Gespräche geführt. Es zeigt auf den Durchgang zum ersten Hinterhof einer Gewerbeanlage in Kreuzberg. In bester Lage am Landwehrkanal haben die beiden 15 leer stehende Quadratmeter für ihr kleines Café ergattert. Neben dem Tresen ist gerade mal Platz für eine schmale Bank.
Es handelt sich um eine ehemalige Pförtnerloge, die beiden Kaffeebrauer erinnern daran mit ihrem Namen: „Concierge Coffee“. Bis sie im Sommer 2013 einzogen, gab es hier nichts: kein Wasser, keinen Strom, nur einen leeren Raum.
Jetzt zieht das Aroma selbstgemischten Kaffees über die Ablageflächen aus dickem Ahornholz. Auf dem Backsteintresen ist frisches Gebäck drapiert. Der ästhetische Anspruch der Agenturleute, Designer, Konzepter und Netzwerker, die in der Gegend arbeiten, wird mehr als bedient.
Und wie ließe es sich besser plaudern als bei einer Tasse Kaffee. Die echte Kennerschaft bei „Concierge Coffee“ unterstreicht das Gefühl des Gut-Aufgehoben-Seins. 80 Prozent der Bohnenmischung sind aus Guatemala, sie sorgen „für den Körper“ des Kaffees, sagt Nosratifard, die restlichen 20 Prozent aus Äthiopien „für die fruchtige Note, wie gekochte Tomate oder Kirsche.“
Namy Nosratifard steht im Durchgang zu den Hinterhöfen, wo noch mal eine Bierbank und zwei Hocker platziert sind. Die Kundschaft kennt er zum größten Teil persönlich – sogar die Hunde kann er mit Namen begrüßen. Jetzt steckt auch Benjamin Pates den gepflegten, tiefschwarzen Schnauzbart durchs Fenster und heißt einen kleinen Hund willkommen. „Hey, Monty!“ Für einen anderen Hund aus der Stammkundschaft, einen Terrier, habe er die Patenschaft übernommen, erzählt Nosratifard. Hin und wieder zwängt sich ein Auto am „Concierge“-Fenster vorbei, dann muss Nosratifard Platz machen. Alle winken aus den Autos heraus, er macht Scherzchen: „Einmal Drive-in für dich?“
Dabei haben die Cafébetreiber mit ihrer Rolle als gute Seele in der Pförtnerloge nie gerechnet. „Wir haben unterschätzt, wie froh die Leute sind, dass wir da sind“, sagt Nosratifard. Eigentlich sei es ihnen zunächst allein um herausragenden Kaffee gegangen.
Kennengelernt haben sie sich im Café „Bonanza Coffee Heroes“ in Prenzlauer Berg. Beide hatten dort angefangen, weil sie neben ihrer freiberuflichen Arbeit als Fotograf und als Musiker „eine Art leidenschaftliches Handwerk“ erlernen wollten, wie Nosratifard sagt. „Die schmeißen ja alle in Prenzlauer Berg mit ihrem Latte Macchiato rum. Aber der Bonanza-Kaffee spielt in einer anderen Liga.“ Beide identifizierten sich bald so sehr mit der Kaffeekunst, dass sie nicht lange überlegten, als ein Bekannter von Pates ihnen von der freistehenden Pförtnerloge berichtete.
Seit ihrem Start wächst die Fläche, die ihnen zur Verfügung steht, langsam, aber stetig. Mit Frühlingsbeginn haben sie noch ein paar Bänke im Hinterhof und Hocker entlang der Durchfahrt aufgestellt. Bald soll eine Holzterrasse vor dem benachbarten Wohnhaus folgen. Was Kaffee so alles vermag …
„Concierge Coffee“, Paul-Lincke-Ufer 39/40, Mo bis Fr 8–18 Uhr, Sa 12–17 Uhr.