Der Innenhof der Häuser Kollwitzstraße 40 und 42 könnte sehr schön sein. Nur ist von ihm kaum etwas übrig, seit im Hof ein riesiger Anbau entstanden ist, der die Wohnungen aus dem Vorderhaus um einen Seitenflügel ergänzen sollte. Um diesen gestuften Sechsgeschosser wurde jahrenlang gestritten – jetzt muss der fast fertige Bau wieder abgerissen werden, weil Abstände nicht eingehalten wurden. Das ist das Ende eines jahrelangen Streits, der im Mai vor dem Bundesverwaltungsgericht endete.
Das Bezirksamt wurde selbst vom Ausgang der Gerichtsverfahren überrascht – und hat den Bauherrn nun brieflich an seine Pflicht zum Abriss erinnert. „Der Bauherr hat jetzt erst mal die Möglichkeit, sich zu äußern“, sagt der zuständige Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). „Wenn er schreibt, er richtet bis Oktober die Baustelle ein, kann man darüber reden. Wenn er sich gar nicht rührt, ist das schlecht.“ Dann müsse die nächste Eskalationsstufe gezündet werden. Den Verdacht, dass hier womöglich eine Behörde versagt habe und der Bauherr jetzt Schadensersatz vom Bezirk verlangen könne, wies Kirchner vehement zurück.
Bauen auf eigenes Risiko
Der Bezirk teilte den Bauherren am 1. Juni 2010 mit, dass sie ab jetzt auf eigenes Risiko bauen. Der Bau begann am 30. Juni. Die Widersprüche wurden zu Klagen. Die erste Instanz gewannen die Bauherren im April 2012, die zweite verloren sie im März 2013. Bis dahin war eine ganze Menge Geld verbaut. Der Versuch, die Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht anzugreifen, scheiterte im Mai 2014. Die Leipziger Richter maßen der Sache nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung zu; das Urteil aus Berlin wurde rechtskräftig.
Eine Riesenbelastung
Fabian Grobe hat im Haus Nummer 40 sein Büro. „Ich traute meinen Augen nicht, dass direkt vor meinem eigenen Balkon so ein Ding hochgezogen wurde“, sagte er dem Tagesspiegel. „Hier war schöner alter Efeu an den Mauern, der kam als erstes weg, und im Hof der ‚Meierei‘ konnte man sitzen, das wurde alles plattgemacht.“ Die Bauphase sei eine Riesenbelastung gewesen, und der Abriss werde auch eine, aber wenn der Bau dann weg sei, werde es viel schöner sein. Grobe gehörte nicht zu den Klägern.
Der Innenhof des ganzen Geviertes zwischen Kollwitz-, Belforter und Diedenhofer Straße bildet laut Gericht eine planmäßig angelegte Grünanlage. Sehr schön zu sehen ist das bei Google auf dem Satellitenbild. Wie es jetzt weitergeht, bleibt abzuwarten: Die Eigentümergemeinschaft und ihr rechtlicher Vertreter Ernst Henning waren am Mittwoch nicht zu erreichen. Dirk Stallmann, der die Klage eingereicht hatte, auch nicht.